Schwarz hat eine große Tradition auf Mallorca. Früher heiratete man sogar in Schwarz, und Witwen trugen auf der Insel nach dem Tod ihres Gatten zwei Jahre lang keinen und danach speziellen pechschwarzen Schmuck. Das und viel mehr erfahren die Besucher im neuen Museo de Artes Decorativas nördlich von Palma, das nach vier Monaten Einrichtungsarbeiten am 12. Mai eröffnet wurde.

Auch andere kuriose Gebräuche prägen sich bei dem Besuch ein - etwa der, in kleinen Metallkügelchen voller Löcher einen mit Parfüm beträufelten Mini-Schwamm einzuarbeiten. „Das hängten sich die Damen der Gesellschaft im 18. und 19. Jahrhundert um den Hals", weiß ­Diego Tocino Ignacio. Der Spross einer alten mallorquinischen Juwelierdynastie ist der Gründer und Leiter des Museums, das 18 Säle auf 3.000 Quadratmetern umfasst und in dem Landgut Son Pacs untergebracht ist. In puncto Schmuck waren die Mallorquiner auch in anderer Hinsicht kreativ: Es gab kugelförmige Goldjuwelen, die geöffnet werden konnten und in die Haare von Ver­storbenen gefüllt wurden.Perlmutt gegen Krankheiten

In einem anderen Raum stehen sogenannte maridets, an alte Bügeleisen erinnernde Mini-Öfen, die wohlhabende Frauen mit glühender Kohle füllten und sich beim Aufenthalt in den feuchtkalten Kirchen unter den Rock schoben. Eine weitere Kurio­sität sind lange Ketten aus Gold, die am Gürtel hingen und an denen Schlüssel befestigt waren - vergangene Woche haben wir über den letzten Goldschmied berichtet, der sie noch fertigt. Starb der Besitzer der Kette, wurde sie in kleinere Stücke geschnitten und auf andere Familienmitglieder verteilt. „Manche hängten dann Malteser- oder andere Kreuze dran", so Diego Tocino. Im Museum sind ferner kleine Hände aus Perlmutt ausgestellt, die wohlhabende Mallorquiner bei sich trugen, um sich vor Krankheiten zu schützen.

Die sage und schreibe 15.000 Objekte des Hauses stammen aus dem jahrhundertelang in Kisten aufbewahrten Besitz der Vorfahren von Diego Tocino. „Obwohl die possessió sehr groß ist, können wir nicht gleichzeitig alles ausstellen und wechseln die Stücke deswegen alle sechs Monate aus", sagt Ramón Oliver, neben Tocino der zweite Chef des Hauses, in dem früher die Fun­dació Illes Balears untergebracht war. Die Ausstellungsstücke sind anschaulich dreisprachig erklärt (Katalanisch, Spanisch, Englisch), nach Absprache sind auch Führungen möglich.Schwerpunkt Schmuck

Das Museo de Artes Decorativas ähnelt den etablierten Ausflugszielen La Granja in Esporles und Els Calderers bei Vilafranca. Auch die sind Landgüter, und auch hier erfährt man viel über das Leben der Mallorquiner in vergangenen Jahrhunderten. Im neuen Museum liegt der Fokus aber weniger auf der Landwirtschaft als auf dem luxuriösen Lebensstil des Adels. Hingucker sind der viele Schmuck, aber auch eine Instrumentensammlung, die hauptsächlich aus auf der Insel hergestellten Gitarren besteht und einen ganzen Raum einnimmt. Auch Keramikteller der früher bekannten Firma La Roqueta stechen ins Auge. In Zusammenarbeit mit der Coll-Bardolet-Stiftung aus Valldemossa sind außerdem Bilder des berühmten Malers (1912-2007) zu sehen.

Das Museo de Artes Decorativas ist ein Erlebnis an sich. Man lernt viel und kann stundenlang darin verweilen. Auch das verschachtelte Anwesen selbst macht Eindruck, inklusive dem Garten mit den Zitronenbäumen und den Wasserrinnen, die aus römischer Zeit stammen sollen und von einer Quelle auf dem Gelände gespeist werden.

Anfahrt: von Palma aus die Landstraße nach Sóller bis zum ersten Kreisverkehr, dann wieder einige 100 Meter zurück und nach rechts (Ctra. de Sóller, 11). Das Museum verfügt über einen Parkplatz und ein Café. Es kann von der Innenstadt aus auch auf einem Radweg erreicht werden. Führungen (Anmeldung unter 971-43 04 28 ) auch auf Englisch. Info-Broschüre auch auf Deutsch. Eintritt: 8 Euro, Kinder 5 Euro. Mo.-Fr. 10-18 Uhr, Wochenende und Feiertage 10 bis 13.30 Uhr.