Eine der ältesten Familienfehden der Insel ist in eine neue Runde gegangen. Das Ergebnis wird für alle Besucher der Kartause von Valldemossa spürbare Konsequenzen haben: Wenn alles nach Plan läuft, werden am Freitag (2.3.) vor dem historischen Bau zwei Ticketschalter öffnen statt wie bisher einer. Das Kartause-Komplett-Ticket gibt es nicht mehr: Die Besitzer der Zelle 4 haben beschlossen, aus der Betreibergemeinschaft auszuscheren und ihren Bereich unabhängig zu verwalten. Mit eigenem Eingang, eigenen Eintrittspreisen, eigenen Öffnungszeiten.

Dem vorausgegangen war ein Gerichtsurteil im vergangenen Jahr, demzufolge die Zelle 4 als jene authentische Wohnung anerkannt wurde, in der Frédéric Chopin und George Sand den Winter 1848-49 verbrachten. Und demzufolge die Betreiber des zweiten Chopin-Museums in derselben Kartause nirgendwo behaupten dürfen, der polnische Komponist und seine französische Geliebte hätten vielleicht bei ihnen den herben Charme des Inselwinters genossen.

Das bedeutet: Ein wichtiger Bereich der Kartause ist nicht mehr Teil des großen Besuchsprogramms, das neben den zwei Zellen auch den Palast von König Sanxo, eine historische Apotheke sowie das Gemeindemuseum enthält. „Wir wollen nicht mit denen", erklärt Gabriel Quetglas, der die Besitzerfamilie der Rebellen-Zelle vertritt. „Das war wie eine Ehe, die nicht funktioniert hat und bei der Scheidung die einzige Lösung darstellt."

Das ist nicht nur eine Frage mangelnder Sympathie, sondern auch der Kräfteverhältnisse: Die Zelle-4-Fraktion sei stets in der Minderheit gewesen, klagt Quetglas, die Betreiber der Zelle 2 hingegen hätten den Rückhalt der Gemeinde genossen. Wohl auch, weil sie als Organisatoren des Chopin-Festivals viel für Valldemossa und das Andenken des Komponisten getan haben. Deshalb hätten Quetglas und die Seinen auch nie viel zu sagen gehabt, wenn es um Fragen der Organisation und Verwaltung des Museumsbetriebs ging.

Mit dem Gerichtsurteil hat sich die Situation schlagartig geändert. Sogar ein Klavier, auf dem Chopin persönlich gespielt haben soll, musste die Rivalen-Familie Capllonch aus Zelle 2 entfernen, weil Gutachten die Authentizität des Instruments widerlegten. Und Quetglas sieht sich in einer Situation der Stärke.

Bei den acht Ex-Partnern, aus denen sich die Betreibergesellschaft der Gegenseite nun zusammensetzt, herrscht Alarmstufe Rot. Darin vertreten ist auch die Gemeinde. Bürgermeister Francesc Mulet hat prompt den Vorsitz übernommen, um Valldemossas wichtigste Touristenattraktion, die im Jahr um die 200.000 Besucher zählt, durch die Krise zu steuern. Inwieweit die „Scheidung" die Besucherströme beeinflussen und vor allem, wohin sie diese lenken wird, können weder er noch Quetglas abschätzen. Doch Mulet kündigt bereits an, man werde die Gelegenheit für „Verbesserungen" nutzen.

Damit ist er gut beraten, denn auszusetzen hatten die Dissidenten der authentischen Chopin-Zelle schon immer einiges. Zum Beispiel sei der Eintrittspreis von 8,50 Euro „total überzogen", wie Quetglas meint. „Wir haben oft beobachtet, wie sich Touristen zuerst interessiert annähern und dann das Weite suchen, sobald sie den Preis sehen." Im Grunde, meint er, würden sich viele hauptsächlich für die originale Chopin-Behausung interessieren, die es ja auch war, die den Valldemossa-Tourismus Anfang des 20. Jahrhunderts in Gang gebracht hat.

Diese Theorie wird bald gesicherten Erkenntnissen weichen: Quetglas verkauft die Tickets für Zelle 4 für 3 Euro, das Rest­museum senkt den Preis auf 7,50 Euro. Die ganze Kartause fiebert nun der Reaktion der Touristen entgegen.

Die bekommen abgesehen vom Kick eines zweiten Ticketkaufs künftig ein wenig mehr geboten. Denn um einen unabhängigen Betrieb zu ermöglichen, mietete die Familie Quetglas eine Kapelle an, durch die Zelle-4-Besucher auf einer neuen Route in die Kartause eingeschleust werden (außer am Sonntag – da legt Zelle 4 künftig einen Ruhetag ein). Für Mehrwert unterwegs haben sie auch gesorgt: In dem „schönen historischen Raum" werden riesige Drucke von zwei bislang unveröffentlichten Lithografien gezeigt, „die ein Franzose geschaffen hat, der ein Jahr nach Chopin und Sand nach Valldemossa gekommen ist, und die deshalb das Dorf und den Platz vor der Kartause genau so zeigen, wie sie zur Zeit des berühmten Besuchs ausgesehen haben".

Bürgermeister Mulet hat unterdessen angekündigt, man werde die Frage der Genehmigungen für den zweiten Eingang der Kartause gründlich, sehr gründlich prüfen. „Lächerlich", entrüstet sich Quetglas. „Die tun ja gerade so, als wollten wir hier ein Atomkraftwerk bauen. Das ist reine Schikane."

Erst vor Tagen, verrät er, habe jemand die Eingangstür zur Zelle mit Kratzern beschädigt. Quetglas zweifelt keinen Augenblick, wer dahintersteckt.

Und so steht fest: Auch die mittler­weile 80 Jahre währende Familienfehde würde sich ein eigenes Museum verdienen.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 1. März (Nummer 617) lesen Sie außerdem:

- Ausstellung: Kultur der Kopten

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