Es ist der bräunlich-rötliche Sandstein, der einen fasziniert. Hier oben in 47 Metern Höhe auf dem Wahrzeichen von Mallorca, der Kathedrale La Seu. Sandstein in Blöcken, Sandstein in Blütenformen, Sandstein in Form von Figuren und, und, und ?

Wann, wie, wo

Nach mehreren Restaurierungs-Maßnahmen kann seit Mittwoch (6.7.) jeder Bürger oder Besucher an den Führungen durch enge Treppenhäuser, in Glockentürme und auf die überraschend großen Flächen neben dem Hauptschiff teilnehmen. Jede Führung dauert etwas mehr als eine Stunde. Es dürfen nicht mehr als 25 Menschen teilnehmen, denn in einige Ecken - etwa einen engen Turm - passen einfach nicht mehr Menschen hinein. Es ist unerlässlich, gut zu Fuß zu sein, denn 215 Stufen sind hoch- und auch wieder hinunterzusteigen. Man trifft sich etwa zehn Minuten vor dem Beginn der Führung am Haupt-Seiteneingang an der Plaça de la Seu. Außer sonntags gibt es täglich sechs Führungen (samstags drei) - um 9, 10.30, 12, 17, 18.30 und (interessant für Sonnenuntergangsjunkies) 20 Uhr, an Samstagen nur bis 12 Uhr. Der Spaß kostet 12 Euro und muss unter www.catedralmallorca.info reserviert werden.

Der Guide

Die Geschichte des beeindruckenden Bauwerks und alles Wissenswerte werden einem in der Regel auf Spanisch erklärt - von qualifizierten Reiseleitern wie dem argentinisch-mallorquinischen Nachwuchs-Kunsthistoriker Sebastián Escalas, der Guide am Besuchstag der MZ-Reporter. 2005 auf die Insel gekommen, studierte er dieses Fach an der Balearen-Uni und machte dort auch seinen Abschluss. „Parallel zu meiner Tätigkeit hier arbeite ich weiter an kunst- und religionshistorischen Projekten der Hochschule", sagt er. Sein Fachwissen zur Kathedralen-Geschichte - der Bau begann Anfang des 13. Jahrhunderts unter Erobererkönig Jaume I. - weiß Escalas den Besuchern eingängig mitzuteilen. Auch Jahrhunderte alte Wandmalereien wie die eines Schiffes weiß er im historischen Kontext zu verorten. Er muss jetzt jeden Tag 1.200 Stufen steigen.

Die Gruppe

Am ersten Tag sind es fast ausschließlich Mallorquiner, die hier aufsteigen - so wie María Isabel aus Palma, die mit einer Freundin gekommen ist und eifrig Selfies macht. „Das war für uns immer eine verbotene Zone", sagt sie. „Und jetzt können wir endlich hier rauf." Die brennende Sonne macht den beiden Frauen nichts aus. Auch der ebenfalls aus Palma stammende Pere, der allein gekommen ist, lässt sich davon faszinieren, in eine Art Tabuzone eindringen zu dürfen „Wenn ich die Rosette sehe, kann ich gar nicht mehr wegschauen." Von unten könne man nicht erkennen, dass sie so riesig ist.

Das nehmen wir mit

Erst durch die Führung in schwindelerregende Höhen und die Tatsache, dass Hunderte Stufen in die Knochen gehen, wird deutlich, wie riesig dieses Bauwerk ist. Man fühlt regelrecht, wie groß 12,55 Meter - der Durchmesser der Rosette - sein können, wenn man nur Zentimeter entfernt davorsteht. Und es wird klar, dass es in der Dach- und Turmzone nicht überall eng und verwinkelt ist. Es muss eine Herkulesarbeit gewesen sein, diese Kirche über die Jahrhunderte nach und nach zu errichten. Und auch dass der Klang der nur selten genutzten, fast hausgroßen Glocke n´Aloy ehedem Nebengebäude beschädigte, kann nur wirklich nachvollziehen, wer einmal unter ihr gestanden hat.