Immer nur Kathedrale, Plaça Major und Innenhöfe ist doch langweilig. Das zumindest dachten sich die Journalisten Toni Janer und Felip Palou - und ersonnen eine Stadtführung durch Palma, die klassische Postkartenmotive und historische Bauten links liegen lässt. Stattdessen führt die Tour zu 15 Schauplätzen, die an die größten Korrup­tionsskandale und Schmiergeldaffären der jüngeren Insel­geschichte erinnern.

Die Auswahl fiel den beiden Mallorquinern zunächst nicht leicht - schließlich haben die in den vergangenen 20 Jahren veruntreuten oder unterschlagenen Steuer­gelder in der Stadt mehr Spuren hinterlassen, als es Museen und Sehenswürdigkeiten gibt. Dass die kriminellen Machenschaften um die inzwischen aufgelöste Regionalpartei Unió Mallorquina nicht unerwähnt bleiben dürfen, war jedoch von Anfang an klar. Und so beginnt der Stadtrundgang, der am Samstag (12.3., 10 Uhr) erstmals angeboten wird, gegenüber der ehemaligen UM-Parteizentrale im Carrer Sindicat.

Vor dem Balkon der einstigen Parteivorsitzenden und Inselratspräsidentin Maria Antònia Munar erwartet die Teilnehmer eine erste szenische Einlage: Gabriel Cañellas, ein ehemaliger Balearen-Premier der PP, der in den ersten großen Schmiergeldskandal um den Bau des Sóller-Tunnels in den 90er-Jahren verwickelt war, richtet sich an „Prinzessin Maria Antònia" - die mittlerweile mehrfach verurteilt ist und seit über zwei Jahren hinter Gittern sitzt. Für die Sketche, mit denen während der Tour noch weitere Skandale illustriert werden, haben sich die Veranstalter Xavier Canyelles ins Boot geholt, der sich mit Polit-Satire im Inselsender IB3 einen Namen gemacht hat.

Weiter geht es zu Stationen, die laut Felip Palou Einblick in die „sechs ­korrupten Jahre" von 2003 bis 2009 geben sollen. „Die Zahl der enthüllten Fälle ist so hoch, dass man das erst einmal verdauen muss, um zu begreifen, dass diese Epoche eine der wichtigsten in der Korruptionsgeschichte der Inseln darstellt", so Palou. Nicht umsonst seien die Balearen die Region in Spanien mit den meisten wegen Korruption im Gefängnis sitzenden Politikern. „Im Moment sind es 26, aber die Zahl wird noch steigen, da noch nicht allen der Prozess gemacht wurde", prophezeit Janer.

Ein obligatorischer Halt ist hier der palacete im Carrer de Sant Feliu, der Stadtpalast von Jauma Matas. Der frühere PP-Ministerpräsident ist bereits wegen Korruption verurteilt und muss sich aktuell im Nóos-Prozess verantworten. Nicht unerwähnt bleibt dort sicherlich die Anekdote um eine angeblich 300 Euro teure Klobürste, die Matas einst mit Schwarzgeld bezahlt haben soll.

Neulinge in Sachen Insel-Korruption dürften aber vor allem an der Geschichte um die legendäre Cola-Cao-Blechdose ihre Freude haben. Sie wurde 2008 im Garten der PP-Politikerin Antònia Ordinas gefunden, wo die ehemalige Leiterin der balearischen Behörde für Wirtschaftsförderung sie mit 240.000 Euro Schwarzgeld gefüllt vergraben hatte.

Am Rathausplatz indes wollen Palou und Janer das Schicksal von Rodrigo de Santos zum Besten geben: Der frühere PP-Baudezernent der Stadt Palma geriet nicht nur in die Schlagzeilen, weil er mehr als 50.000 Euro öffentlicher Gelder in Schwulen-Clubs und für Drogen verjubelte. Später wurde de Santos auch wegen sexuellen Missbrauchs Minderjähriger verurteilt.

Enden soll die Tour an der Rampe des Gerichtsgebäudes in der Avenida Alemania, die internationale Berühmtheit erlangte, als Königsschwester Cristina und ihr Gatte Iñaki Urdangarin sie auf dem Weg zur ersten Vernehmung im Fall Nóos hinabschritten. Die beiden sitzen inzwischen auf der Anklagebank. Der Rundgang mit dem Titel „Via corrupta: la ruta de la rampa" (Via corrupta: die Route der Rampe) verfolge das Ziel, die Erinnerung an all die skandalösen Fälle wachzuhalten, erklären die Initiatoren. Zugleich soll die Tour eine Mahnung sein an alle Teilnehmer - die Korruption stecke schließlich in uns allen, sagt Janer. „Etwa wenn wir unseren Mechaniker bitten, die Reparatur schwarz zu erledigen, oder wenn wir in anderen EU-Ländern schwarz Bus fahren, nur weil man dort kein Ticket vorzeigen muss."