Es sind Unebenheiten auf den Straßen, auf die wir zuallererst und hochkonzentriert achten müssen. Wir sind mit einem „Wenckstern" unterwegs. Das ist ein winziges und völlig ungefedertes, an eine Mischung aus Seifenkiste, Rasenmäher und Autoscooter erinnerndes Gefährt. Es wurde vom Unternehmer Maik Wenckstern aus Norderstedt bei Hamburg erfunden. Jede kleinste Bodenwelle rüttelt uns fast bis ins Mark durch.

Und deshalb bietet die seit etwa drei Wochen in Can Pastilla aktive deutsche Firma „Hot Rod City Tour" Touren nur im Pulk und mit einem voraus fahrenden Guide an. Bei der Ausfahrt des MZ-Reporters ist es Tina, die über Helmfunk mitteilt, ob wir mit einem Schlagloch rechnen müssen, ob wir uns einem Kreisverkehr nähern oder ob viel Gegenverkehr kommt. Wenn sie blinkt, blinken wir auch, wenn sie richtig Gas gibt, tun wir es ihr mit dem bis zu 88 km/h schnellen Gefährt gleich, und Pausenstopps zur Begutachtung landschaftlicher Schönheiten kündigt sie ebenfalls an.

Bevor es auf die Straße ging, war es erst einmal vonnöten, ein Gefühl für dieses fremdartige Autochen mit der schwergängigen Lenkung zu bekommen. Bei der Einweisung auf einem Parkplatz im Gewerbegebiet Son Oms neben dem Flughafen stellten wir fest, dass der Wendekreis relativ groß ist und dass die Bremsen sehr griffig sind. Das Fahren in einem „Wenckstern" fühlt sich ein bisschen wie das in einem Gokart an. In dem Gefährt, das nicht ohne Pkw-Führerschein gefahren werden darf und in das man sich wie in ein Kajak zwängt, gibt es wie in einem Automatik-Auto keine Gangschaltung. Vorhanden sind im Cockpit neben den Blinkern noch eine Handbremse, ein Hebel fürs Rückwärtsfahren und eine Hupe.

Wir fahren von Arenal über Son Veri Nou nach Cala Blava. Es ist eine der beiden angebotenen Touren - die andere führt nach Porto Pi. Entlang der Playa de Palma stehen wir im Mittelpunkt des Interesses. Passanten machen Stielaugen, manche winken sogar, dem ein oder anderen deutschsprachigen Touristen entfleucht das Wort „geil". Es wäre alles so wunderschön, wenn wir uns nicht aus der niedrigen Sitzposition neben den besonders riesig und bedrohlich anmutenden Bussen etwas verloren vorkämen. Doch in der Gruppe, gehüllt in eine dunkelorangene Weste und mit ständig eingeschalteten Scheinwerfern fühlen wir uns nicht allzu unsicher. Im Dunkeln geht es ohnehin nie raus, und Autobahnen sind absolut tabu.

Nach dem Ausflug fahren wir bei „Hot Rod City Tour" in eine Art Innenhof. Über Nacht müssen die „Wencksterne" an Steckdosen angeschlossen werden, damit die Batterien der elektrisch betriebenen Seifenkisten aufge­laden werden.

Um das größtmögliche Spaß-erlebnis zu garantieren, haben die Betreiber vorgebaut: „Wir sind die Strecken unserer Touren vorher genau abgefahren - um zu gucken, ob die Straßen auch glatt sind", sagt Mike Gerstendorf, der zusammen mit Nicole Grebien und Till Obenhaus die Dependance auf Mallorca als Lizenznehmer direkt gegenüber dem „Balneario 13" betreibt. Für die Touren stehen im Augenblick noch 13, bald aber 20 der Mini-Autos zur Verfügung. Trotz einem 165 Kubikmeter kleinen Ein-Zylinder-Motor und gerade mal 14 PS kosten sie so viel wie ein Kleinwagen, nämlich 14.000 Euro.

„In Deutschland dauerte der Kampf mit dem TÜV drei Jahre, bis wir die Dinger im Jahr 2012 erstmals in Hamburg auf die Straßen lassen konnten", erinnert sich Mike Gerstendorf. Und weil das Interesse an Touren groß war, expandierte man in andere Städte wie Dresden, München, Berlin, Flensburg oder Salzburg und auch in Urlaubsgebiete am Bodensee. Auf Mallorca dauerte es sechs Monate, bis der „itv", der spanische TÜV, sein Okay gab. Ursprünglich sollte der „Wenckstern" in geringerer Zahl gebaut und im Auftrag von Firmen als kurioses Werbegefährt eingesetzt werden, dann jedoch kam man auf den Trichter, erheblich mehr zu produzieren und ihn der Firma „Hot Rod City Tour" als Mietwagen zu verkaufen.

Das Geschäft auf der Insel ist nach Angaben der Betreiber bestens angelaufen. „Zwölf bis 20 Kunden haben wir im Schnitt am Tag", freut sich Gerstendorf. „Und bislang haben wir nur mit Flyern und im Web auf uns aufmerksam gemacht." Dass es erst einmal so gut weitergeht, ist zu erwarten. Zumal sich bei den Seifenkisten-Betreibern noch nicht die als streitbar geltenden Taxifahrer gemeldet haben, denen alternative Fortbewegungsmittel bekanntlich ein Dorn im Auge sind.

„Hot Rod City Tour" gegenüber Balneario 13 in Can Pastilla, Tel.: 971-21 64 00. Einführungspreis für die zweistündige Tour: 59 Euro. www.hotrod-citytour.com.