Rund 35 Mikrogeschichten werden derzeit in einer kleinen Ausstellung im historischen Museum von Manacor erzählt. In der Torre dels Enagistes (siehe Kasten) kann man das betrachten, was normalerweise im Trubel des Alltags untergeht - und doch bestehen bleibt. Geräte, Werkzeug und Hausrat sind Zeugen menschlicher Entwicklung der vergangenen 6.000 Jahre. Ausgewählt hat sie die Museumsleiterin Magdalena Salas. Sie stammen aus der umfangreichen Sammlung des Hauses und sollen belegen: Der Mensch hat seine Gewohnheiten seit der Frühzeit kaum verändert. Geschirr, Gefäße, Schmuck, Lampen und Münzen aus Manacor und Umgebung waren schon zur Bronze- und Eisenzeit ähnlich wie heute. Die Epoche umfasst auf den Balearen eine Zeitspanne von etwa 4.000 bis 100 vor Christus. Beim Rundgang wird auch klar: Eine gute Erfindung kommt nie aus der Mode, sie wird höchstens verfeinert.

Salas hat solche Objekte ausgewählt, die sich zumindest ihres Nutzens wegen ähneln, wenn sich Formen, Gestaltung und Materialien auch verändert haben. Zwischen römischen Amphoren und Tetra­briks besteht zwar tatsächlich ein großer Unterschied, sie dienen aber beide der schonenden Verwahrung von Essbarem. Öl, Milch, Honig oder Wein wurden damals und heute dicht verpackt, egal ob für die Reise auf einer Galeere von Valencia nach Sizilien, mit den Eroberern von Cádiz nach Kuba oder vom Supermarkt nach Hause. Wer die Ausstellung besucht, lernt Einiges über mallorquinische Gewohnheiten: Öllampen, Kutschlampen, Ohrgehänge und anderes Geschmeide aus Silber und Gold, Fingerhüte, Scheren ... auch die für Manacor so typischen Kunst­perlen sind zu sehen. In den 50er Jahren erfunden, um Touristen zu locken, sind sie trotz ihrer offenkundig synthetischen Beschaffenheit Teil einer uralten Tradition: der, den eigenen Körper zu schmücken.

Ein kleiner Bereich ist indes als Kontrast gestaltet. Dort sind Objekte zu sehen, die sehr wohl aus der Mode gekommen sind oder dem Menschen keinen Nutzen mehr bringen. Salas will sie vor dem Vergessen bewahren. Beispielsweise eine drehbare Metalltrommel mit Haken, die zum Auseinanderzupfen von Matratzenfüllung diente. Arme Leute konnten sich keine Schafwollmatratzen leisten, sie füllten ihre Matten mit Fasern einer Pflanze, die landläufig als crí bekannt ist und der Zwergpalme ähnelt. War die Füllung platt gelegen, musste sie mit der Drehtrommel wieder gelockert werden.

Oder ein vorzeitliches Gerät aus Metall, dessen Nutzen bis heute unklar ist: eine Art kleiner Gong, der an einem Stöckchen hängt und mit einem Stäbchen zum Klingen gebracht wurde. „Wir vermuten, er wurde zum Vertreiben böser Geister benutzt", sagt Magdalena Salas. Das braucht ja heute niemand mehr. Auch eine Tröte, mit der ein Verwaltungs­angestellter die Leute an der Straßenecke zusammenpfiff, um ihnen das Neueste aus dem Rathaus zu erzählen, ist in Zeiten von E-Mail und Handy obsolet geworden.

Fast scheinen diese Objekte mehr Charme zu haben als Scheren und Kämme, die Rost angesetzt und Zinken verloren haben. Sie sind nutzlos, bergen Tragik und Geheimnis, lassen uns daran denken, wie sehr wir uns von unseren Vorfahren entfernt haben, trotz unsterblicher Keramikteller und Perlenketten.

„Objectes i històries" ist bis 10. November 2013 zu sehen. Museu d´Història de Manacor, (Torre dels Enagistes). Carretera Cales de Mallorca km 1,5. Mo bis Sa 10-14 und 17-19.30 Uhr. Sonntags 10.30-13 Uhr. Dienstags geschlossen. Eintritt frei. Im hinteren Teil ist ein didaktischer Teil für Kinder aufgebaut. Faltblätter in vier Sprachen.

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 10. Oktober (Nummer 701) lesen Sie außerdem:

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