Dein Lokal" vergangenen Juni auf Kabel 1 lief, waren im unterfränkischen 328-Seelendorf Unterwaldbehrungen („dort gibt es mehr Kühe als Einwohner") die Straßen leer - alle saßen vor dem Fernseher, um den Marcel zu schauen, den Buben aus ihrem Ort. Marcel Reß (27), Chefkoch in Marc Foshs Restaurant Simply Fosh, wurde der Gewinner der Show (gemeinsam mit Lila Portals). Ab September sitzen wohl nicht nur die fränkischen Nachbarn und Marcels Familie vor den Computern (Livestream macht´s möglich), sondern auch wieder rund drei Millionen Zuschauer in Spanien vor den Fernsehern. Marcel Reß hat sich tatsächlich gegen Tausende von Bewerbungen und rund 180 ausgewählte Köche beim Casting durchgesetzt und ist einer der 16 Kandidaten der Erfolgsshow „Top Chef" auf Antena 3. Die 15 Folgen, bei denen jede Woche ein Kandidat rausfliegt, starten Anfang September. In der Mediathek des Senders sind die Folgen anschließend rund eine Woche lang ebenfalls zu sehen. Wir haben mit Marcel Reß vorab gesprochen.

Haben Sie sich für die Teilnahme beworben oder wurden Sie gefragt?

Ich wurde angerufen, ob ich Interesse hätte, da ich der Produktion schon durch meine Teilnahme bei einem Kochwettbewerb im vergangenen Jahr aufgefallen war.

Wie läuft das dann konkret ab?

Mit dem Anruf wurde ich zu einem Casting mit etwa 180 Leuten eingeladen. Den Anfang machte ein Gespräch, wo man auch auf Fernsehtauglichkeit gecheckt wurde, was jetzt nichts mit Aussehen, sondern mit dem freien Agieren vor Kameras zu tun hatte. 80 kamen schließlich ins Koch-Casting. Ich habe schon nach der ersten Probe überzeugt und wurde als einer der 16 Top Chef-Kandidaten ausgewählt. Andere mussten teilweise viermal kochen.

Sind Sie der einzige Ausländer?

Es gibt noch einen Südamerikaner, der aber schon seit seiner Kindheit in Spanien lebt. Ich hab anfangs gehadert mit der Zusage zum Casting, weil ich dachte, mein Spanisch könnte ein Problem werden. Aber eigentlich spreche ich nach sechs Jahren Mallorca schon ganz gut, schließlich sprechen wir bei uns in der Küche nur Spanisch. Auch mein Team bei Simply Fosh hat mich unterstützt und mich quasi reingequatscht in die Sendung.

Kannten Sie „Top Chef"?

Wenn ich ehrlich bin, nicht wirklich. Ich hab keine Zeit zum Fernsehgucken, aber ich habe mal in die letzte Staffel kurz reingeschaut und wusste somit in etwa, wie es abläuft. Aber das war´s schon. Meine Mitstreiter in der Sendung sind größtenteils totale „Top Chef"-Kenner und haben sich zur Vorbereitung die Sendungen alle mehrfach angeschaut. Ich bin eher jungfräulich in das Abenteuer gestartet.

Apropos jungfräulich - wie sind Sie zum Kochen gekommen?

Mein Großvater hatte einen Bauernhof mit Hühnern und Schweinen, in unserer Familie wurden Wurst, Marmelade oder Butter selbst gemacht, und mein Vater braut bis heute Bier - in kleinem Umfang. Kochen wurde und wird bei uns wichtig genommen. Mit dem Bewusstsein bin ich aufgewachsen. Mit 13 hab ich dann im Dorflokal ausgeholfen und bin mit 15 in die Kochlehre gegangen. Das war eine Klinikküche, dazu gehörte aber auch ein gutes Restaurant. Gelernt habe ich dort von feiner Küche bis Großküche alles, auch Organisation.

Klingt so, als ob sie die Zeit in guter Erinnerung haben?

Absolut. Mein damaliger Chef und Ausbilder ist auch bis heute einer meiner Mentoren, mit dem ich ­regelmäßig Kontakt halte und mich bespreche. Anschließend war ich dann in Restaurants in Österreich, hab auch in Top-Lokalen mal reingeschnuppert, bis ich dann für eine Saison im Read´s gelandet bin - bei Marc Fosh. Nach einem Zwischenspiel bei einem deutschen Zwei-Sterne-Koch kam ich zurück nach Mallorca ins Simply Fosh, wo ich seit Mai 2009 bin, seit fast dreieinhalb Jahren als Chefkoch. Marc kümmert sich als Direktor um das große Ganze, Events und sein Catering.

Sie arbeiten sechs Tage die Woche von morgens bis nachts, da bleibt nicht viel Zeit für Leben, Freizeit, Liebe ?

Stimmt. Ich habe so gut wie keine Freizeit. Zumindest am Sonntag versuche ich zu entspannen. Da gehe ich manchmal wandern auf den Berg bei Alaró und mache oben ein Picknick mit den Dingen, die ich zuvor auf dem Markt in Santa Maria gekauft habe. Das ist schon das höchste der Gefühle. So ein Leben macht auch keine Freundin mit, deshalb bin ich aktuell Single. Selbst in Urlauben war ich meistens in Spanien unterwegs und habe mir Restaurants und Köche angeschaut, um zu sehen, was anderswo gekocht wird.

Haben Sie Lampenfieber oder Bammel vor den Juroren?

Nein, Bammel habe ich keinen, aber schon Respekt. Die drei Juroren (Alberto Chicote, Susi Díaz, Paco Roncero, Anm. d. Red.) sind Schwergewichte in der Gastro-Szene, und die Gastköche sind ja mit das Beste, was Spanien zu bieten hat. Je nachdem, wie lange ich dabei sein werde, lerne ich dann auch tolle Leute kennen. Darauf freue ich mich schon.

Was ist Ihr Ziel?

Zunächst einmal möchte ich in die Top Ten kommen. Was dann wird, mal sehen ?