Der Lenz naht. Und es beginnt die Zeit, in der die ersten frischen Kräuter sprießen. Das Kraut der Saison ist der Kerbel (Span.

perifollo). Seine zarten, fein gefiederten Blättchen sind geradezu das Sinnbild für die neu erwachende Natur und machen richtig Lust auf eine leichte Küche. Mit anderen Worten: Kerbel bringt uns kulinarisch schon mal in Frühjahrslaune!

Leider wird er meist zu wenig beachtet. Basilikum, Rosmarin, Petersilie, Thymian verwenden alle. Aber Kerbel? Fehlanzeige. Dabei ist er so flexibel und hat ein richtig breites Einsatzgebiet. Nicht umsonst wird er als „Küchenkraut" bezeichnet, was ja einen beinahe abfälligen Beiklang hat. Dabei verleiht er mit seinem milden, lieblichen Geschmack und mit diesem Hauch Anis vielen Speisen geradezu etwas Unbeschwertes. Er erinnert so ein bisschen an Petersilie und Fenchel zusammen.

Bei mir jedenfalls gab es neulich ein Kerbel-Sellerie-Cremesüppchen mit Croûtons aus Kümmel und eingelegten Schalotten. Hat jemand gesagt, man kann mit Kerbel nicht raffiniert kochen? Gerade cremige Suppen und Saucen bis hin zu Dips und Remouladen sind für Kerbel die perfekte Bühne. Fein gehackt bereichert er mit seinen zarten Noten zum Beispiel Fisch, Geflügel und Kalbfleisch. Und dass er Gemüse eine ganz besondere Würze gibt, versteht sich von selbst.

Das grüne Kraut mit den kleinen, weißen Blüten wächst wild und auch als Kulturpflanze in ganz Europa. Lateinisch heißt es Anthriscus cerefolium. Die Blätter sollten vor der Blüte geerntet werden. Dann schmecken sie am besten. Der Echte Kerbel enthält Vitamine, pflanzliches Eiweiß, ätherische Öle, Eisen, Kalzium und gesunde Bitterstoffe, wirkt entschlackend, regt den Kreislauf an, hilft bei Erkältungen und liebkost den Magen.

Aber: Kerbel ist auch ein ganz sensibler Bursche. Wer frische Blätter verwendet, sollte sie nie mitkochen. Wie alle Kräuter kann auch er das nicht gut vertragen. Deshalb die Blätter immer erst ganz zum Schluss zu den Speisen geben. Apropos frisch: Das ist natürlich die beste Option zur Verwendung. Und weil er schnell welkt, sollte man ihn nicht zu lange auf seinen Auftritt warten lassen.

Auch getrocknet ist er im Angebot. Doch dann offenbart die Pflanze längst nicht mehr die Aromen, die sie zeigt, wenn sie gerade geschnitten wurde. Manche frieren die Blätter des Doldenblütlers ein. Doch dadurch verliert er leider ebenfalls.

Übrigens ist er dank seiner dezenten Noten ein hervorragender Gesellschafter. Allein mit Basilikum und Thymian verträgt er sich nicht ganz so gut: Sie sind einfach zu dominant für so ein zartes Kraut. Aber ansonsten harmoniert er bestens mit seinen Kräuter-Kollegen. Schließlich ist er einer, der gern im Hintergrund bleibt, sich nicht aufdrängt. Im Gegenteil: Er unterstreicht die Vorzüge der anderen und verleiht ihnen einen kleinen Extrakick. Kein Wunder also, dass Kerbel Teil der ?berühmten französischen Gewürzmischung fines herbes ist.