Er ist ein maestro, ein Meister im Schinkenschneiden: der Mallorquiner José Abellán (49). Von seiner Sorte gibt es im Land des Schinkens gerade mal etwa 80 bis 90 Vertreter - auf der Insel ist Abellán der einzige. Verliehen wird der Titel nach entsprechenden Prüfungen vom Verband der Schinkenschneider.

Dort muss man klein anfangen: Vom einfachen cortador (Schinken­schneider) arbeitet man sich zum cortador profesional hoch - von diesen beiden Gruppen gibt es in ganz Spanien insgesamt etwa 2.500. Wer als maestro die höchste Karrierestufe erklimmen will, braucht jahrelange Erfahrung, exzellente Fähigkeiten im Schinkenschneiden, aber auch umfangreiche Kenntnisse über dessen Herstellung sowie über Schweine und deren Haltung.

Darüber steht nur noch einer: Den Titel als gran maestro (Großmeister) hält seit über 20 Jahren Florencio Sanchidrián. Er ist gleichzeitig weltweiter Botschafter des Ibérico-Schinkens. Beide Experten - Abellán und Sanchidrián - zeigen zusammen mit fünf weiteren Schinkenschneidern von Freitag bis Sonntag (16.-18.1.) in den Arkaden vor dem Mercat de l´Olivar in Palma ihre Kunst. Die Meister werden dort exklusive Schinken aus den vier existierenden D.O.-Kontrollbehörden Dehesa de Extremadura, Jamón de Huelva, Los Pedroches und ­Guijuelo aufschneiden. Die Portion gibt es für 8 Euro, die halbe für 4 Euro, und Bocadillos mit Schinken kosten ebenfalls 4 Euro, zudem bereiten die Herren auch Tapas mit Schinken zu. Der Infotainment-Event wird begleitet von Musik (DJ Juan Campos und Musiker Jaume Anglada).

Abéllan ist eigentlich Bauunternehmer, der sich anfänglich eher als Hobby und seit 14 Jahren professionell mit Schinken beschäftigt. Von großen Firmen, aber auch von Privatpersonen wird er inselweit, auf dem Festland und im Ausland gebucht. „Eine Privat-Veranstaltung mit 700 Personen in Belgien war bislang mein größter Event", erzählt Abellán, der mit seiner Firma Caprichos de Jamón auch an Privatpersonen Schinken verkauft - und diese an seinem Wissen teilhaben lässt: Ab Februar gibt er wieder Kurse für Anfänger und Fortgeschrittene an der Hotel- und Gastrofachschule EHIB.

SchinkenchefCaprichos de Jamón (José Abellán), Termin nach Vereinbarung, Tel.: 671-68 55 55, FB: Caprichos de Jamón (wird demnächst aktualisiert)

Was bedeutet welches Etikett?

Wer einen guten Schinken von Ibérico-­Schweinen kaufen will, sollte eine Marke wählen, die einer der vier Kontrollbehörden (Denominación Orígen, kurz D.O.) angeschlossen ist und deren Siegel trägt. Das garantiert Qualität, da diese Schinken strenge Kriterien erfüllen müssen. Die Schweine werden freilaufend gehalten, nur so kann sich Muskel- und Schinkenmasse entwickeln.

Doch auch innerhalb der DOs gibt es verschiedene Qualitätsstufen. Ein weißes Plastikband am Knöchel des Beins signalisiert, dass das Schwein mit normalem Futter gemästet wurde (cebo/Mastfutter), ein grünes verweist auf die Weidehaltung der Tiere (cebo campo/Weidemast). Ein rotes Band bedeutet, dass das Schwein mit Eicheln (bellotas) gefüttert wurde, aber nicht reinrassig ist (nur zu 75 Prozent aus Ibérico). Der beste Schinken (bellota 100% ibérico) trägt ein schwarzes Band, das ebenfalls Eichelfutter signalisiert, zudem stammt der Schinken in diesem Fall von reinrassigen Ibérico-Schweinen. Für ein etwa acht Kilo schweres Bein werden 140 Euro aufwärts fällig. Zum Vergleich: Serrano-Schinken­beine von normalen Schweinen gibt es schon ab etwa 50 Euro.

Der richtige Schnitt?

Der Fachmann benötigt drei Messer: Ein kleines, um den Schinken rund um die Knochen zu schneiden, ein mittelgroßes normales Messer, um das Fett abzutrennen und schließlich ein langes, schmales, sehr scharfes mit flexibler Klinge, um die hauchdünnen Scheiben zu schneiden (cuchillo jamonero, etwa 40 cm lang). Letzteres wird im Fachhandel für 20 bis 700 Euro angeboten. Die Halterung, in die das Bein geklemmt wird, nennt sich jamonero (ab 12 Euro). Aber Achtung: Jährlich passieren beim Schneiden über 50.000 Unfälle, die ärztlich behandelt werden müssen.

Ein bisschen Planung vor dem ersten Schnitt sollte schon sein: Der ­Meister trennt stets nur bis zu dem Punkt Schwarte und Fett ab, bis zu dem er auch den Schinken heruntersäbeln will. Die einzelnen Scheiben - in der Breite des Schinkens und mit einer Länge von höchstens vier bis sechs Zentimetern - sollten so dünn und so gleichmäßig wie möglich geschnitten werden.

Bitte recht kühl und dunkel

Einen einmal angeschnittenen ­Schinken sollte man wenn irgend möglich innerhalb von einer Woche bis maximal zehn Tagen verzehren - sein Fleisch verliert mit jedem Tag nach dem Anschnitt Geschmack und Aroma. Dies gilt in besonderem Maße für Mallorca, wo die hohe Luftfeuchtigkeit den Schinken beeinträchtigt. ?

Von einem Tag zum anderen kann man die Schnittstelle mit abgeschnittenen Eigenfettstücken belegen; so trocknet sie nicht aus. Länger als drei oder vier Tage funktioniert diese Lösung aber nicht: Dann beginnt der Schinken unter dem Fett zu schimmeln, und man muss die Schnittstelle großzügig abschneiden und wegschmeißen. Daher ab drei Tagen Ruhezeit nur mit einem sauberen Leinen- oder Baumwolltuch belegen - auf gar keinen Fall mit Folie.

Wer es wie die Profis machen will, schneidet täglich ein kleines Stück Fett von der Schwarte ab und reibt über die Schnittstelle, damit sie feucht bleibt. Den Schinken lagert man bei 10-15 Grad im Dunkeln. Hitze, Kälte oder Licht schaden dem Fleisch.

Will man für einen Abend mit Gästen ein wenig vorarbeiten, kann man ein wenig Schinken bereits vorab schneiden, auf Tellern anrichten, diese luftdicht und eng mit Klarsichtfolie bedecken und kurzzeitig kühl und dunkel lagern. Die optimale Verzehrtemperatur des Schinkens beträgt zwischen 21 und 24 Grad - dann erst entwickelt er sein komplettes Aroma und zeigt seinen ganzen Glanz.