Mallorca Zeitung

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Zwischen Puppenhaus und Jo-Jo: Hier wird das Spielzeug auf Mallorca noch selbstgemacht

Puppentheater, Krämerläden, Rasseln und Jo-Jos: Coloma Nicolau fertigt bei „Tot Fusta“ in Artà das Holzspielzeug selbst. Die Mallorquinerin restauriert auch Möbel – und das zu fairen Preisen

Gesägt, geleimt, gespielt Nele Bendgens

Einmal rechtsherum sägen, dann geradeaus, dann wieder rechtsherum. Geschickt führt Coloma Nicolau das Holzbrett unter der Stichsäge hindurch. „Fertig“, sagt sie, und pustet Holzstaub von dem Stück, das sie in Form gebracht hat. Nun gilt es, den Buchstaben zu bemalen gilt. Auch das macht die 62-Jährige selbst. Wie fast alles in ihrem kleinen Holzspielzeugladen „Tot Fusta“ auf Mallorca mit angrenzender Werkstatt.

An der Stichsäge ist Coloma Nicolau geübt. In ihrer Werkstatt entstehen auch Krämerladenartikel und Teufelsfiguren zum Sant-Antoni-Fest.

Der Laden liegt etwas abseits vom Zentrum von Artà, in der Nähe der Schulen in einem Wohnviertel. Die Urlauber, die sich an Markttagen durch das Städtchen schieben, kommen hier nicht vorbei. „Dabei gibt es hier immer freie Parkplätze“, sagt Coloma Nicolau gut gelaunt. Sie strahlt die stählerne Gelassenheit einer Mallorquinerin aus, die es nicht nötig hat, mit den hippen – und teils überteuerten – Dekoläden zu konkurrieren, die in den vergangenen Jahren in ihrem Heimatdorf eröffnet haben – und meist von Zugezogenen betrieben werden. Stattdessen tut sie weiter, was sie vor 29 Jahren mit ihrem Mann begann: Eltern und Kinder beglücken mit Puppentheatern, Schaukelpferden, Krämerlädchen mit riesigem Obst- und Gemüsesortiment, Puzzles, Babyspielzeug, Werkbänken, Instrumenten, Mobiles, Kindermöbel, Jo-Jos … Alles im bunten Verkaufsraum ist aus Holz, und fast alles ist von Coloma Nicolau handgefertigt. „Nur ein paar ausgewählte Artikel kaufe ich zu.“

Werkstatt im Wohnhaus

Es war ihr Mann, der vor fast drei Jahrzehnten die Idee hatte, einen Holzspielzeugladen zu eröffnen. „Er hat in einem Supermarkt gearbeitet, aber in seiner Freizeit gern gewerkelt“, berichtet Nicolau mit liebevollem Blick. Ihr selbst ging es ähnlich: Sie verdiente ihr Geld in Hotels, mochte aber das Kreative. Also gaben beide ihre Jobs auf und begannen, das Erdgeschoss ihres Wohnhauses in Werkstatt und Verkaufsbereich umzugestalten. „Die ersten Jahre waren hart, dann aber akzeptierten uns die Kunden“, erzählt sie.

Auch Lebensmittel für den Krämerladen fertigt die Besitzerin des "Tot Fusta" Sophie Mono

Natürlich gebe es auch die Sorte Eltern, die keinerlei Sinn für Spielzeug hat, das weder aus Kunststoff gefertigt ist, noch batteriebetrieben vor sich hin dudelt. Aber da seien ja zum Glück auch die Trends hin zu natürlichen Materialien. Obwohl die Konkurrenz durch Amazon und Co. stark ist, würden ihr die sozialen Netzwerke dabei helfen, Kundschaft von außerhalb anzuziehen. „Ich komme klar, immerhin zahle ich keine Ladenmiete.“ Die artanencs selbst fahren besonders auf die Teufelsartikel zum Sant-Antoni-Fest ab.

Auch die mallorquinische Osterhexe Jaia Corema mit den sieben Beinen gibt es hier zu kaufen Sophie Mono

„Ich habe diese Entscheidung in keinem Moment bereut“, sagt Coloma Nicolau. Selbst dann nicht, als ihr Mann vor zwölf Jahren starb. Auch Möbelrestaurationen nimmt die Mallorquinerin an, ebenso wie Auftragsarbeiten – und das zu mehr als fairen Preisen. „Ich liebe, was ich tue, Aufträge machen mir Freude.“ Zumindest, solange keine lokalpatriotischen Grenzen überschritten werden. „Die Teufel vom Nachbarort Capdepera zu fertigen, das wäre dann doch schwierig.“

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