Mallorca Zeitung

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"Wenn ich jetzt nicht auswandere, wird das nie etwas": Deutscher Crime-Reporter will auf Mallorca umsatteln

Polizei- und Gerichtsreporter Bastian Schlüter hat genug von Mord und Totschlag. Nun bringt er sich auf der Insel als Medienberater in Stellung

Bastian Schlüter fühlt sich auf Mallorca mittlerweile wohl. Bendgens

Schon mit 16 Jahren filmte Bastian Schlüter seinen ersten Beitrag, es ging um S-Bahn- Surfer, der Film ging um die Welt. Es war der Anfang einer Reporterlaufbahn: Heute ist der 50-Jährige ein Vollprofi in Sachen deutsche Polizei- und Gerichtsberichterstattung und verkauft seine Beiträge an sämtliche großen Boulevardmedien und TV-Sender. Dabei ist Schlüter all dieser Geschichten schon lange ein wenig überdrüssig, was wohl auch ein wenig mit der hohen Lebensqualität auf Mallorca zu tun hat. „Ich kann es einfach nicht mehr hören. Was kann man gegen die Kriminalität machen? Es hört doch eh nicht auf“, sagt der Reporter schon fast ein wenig verzweifelt. Schlüter will nun auf der Insel gewissermaßen umsatteln, vom Jäger zum Anwalt der Gejagten werden, also Menschen und Firmen, die etwa Opfer von unseriösen Boulevardberichten wurden, zur Seite stehen.

„Schon als Kind hatte ich Lust auf Medien und Fernsehen“, erzählt der Hamburger. Der kleine Bastian schickte einen Brief an den NDR und stand wenig später für die Sesamstraße und das „Großstadtrevier“ vor der Kamera. Danach folgten erste Erfahrungen hinter der Kamera im Offenen Kanal Hamburg. Schlüter war noch keine 18 und hatte sich schon zwei Spielfilme zusammengebastelt.

Der Einstieg in die große Reporterkarriere

Und doch war es nicht das Kino, das sich als seine Berufung entpuppte. „Bei meiner Arbeit für die Schülerzeitung verguckte ich mich in den Journalismus“, sagt er. Mit 16 drehte er einen Bericht über S-Bahn-Surfer, die während der Fahrt auf die Züge klettern. „Es gab ein paar Todesfälle. Da ich selbst in dem Alter dieser Jugendlichen war, kam ich an die Surfer ran.“ Nationale und internationale Sender kauften die Aufnahmen. Schlüter knüpfte erste Kontakte. „Von da an war mir klar: Das will ich machen“, erinnert er sich.

So ausgeprägt sein Gespür für gute Geschichten war, so schlecht war er in der Schule. Mehr als der Realschulabschluss wurde es nicht. Als er nach einem Volontariatsplatz fragte, winkten die Medienhäuser nur ab. „Sie meinten, ich solle erst einmal mein Abi nachholen und Erfahrungen sammeln“, sagt Schlüter. Er verzichtete und stürzte sich direkt ins Berufsleben. Schlüter hörte den Polizeifunk ab – „der Besitz des Funkgeräts war erlaubt, das Einstellen des Senders nicht“ – und tauchte fortan immer als erster Reporter am Unfall- oder Tatort auf. „Die TV-Sender verfügten zwar über Einsatzteams“, sagt Schlüter, „machten aber erst am Tag darauf die Nachberichterstattung.“ Schlüter hatte seine Marktlücke gefunden.

Parallel dazu absolvierte er eine Ausbildung zum Verlagskaufmann: „Einerseits war es ein interessanter Einblick hinter die Kulissen, andererseits musste ich auch lernen, wie ich meine Honorare aushandle“, sagt er. Im Anschluss bekam der damals 22-Jährige 1996 beim TV-Sender SAT.1 einen Job. Als Videoreporter jettete er von Hamburg aus um die Welt. „Ich bin begabt, wenn es darum geht, andere Menschen zum Reden zu bringen. Es ist nicht jedermanns Sache, an der Tür von Leuten zu klingeln, die einen Schicksalsschlag erlitten haben. Man wird beschimpft, vom Hof gejagt, oder der Gesprächspartner bricht weinend zusammen.“ Skrupel habe er so gut wie nie empfunden, wobei es Situationen gebe, in denen er die Kamera dann doch ausschalte – wie einmal in Argentinien, als er eine Mutter zum Leichnam ihrer ermordeten Tochter begleitete.

Das erste Mal Mallorca

Als SAT.1 für eine Woche die Sendung „Blitz“ auf die Insel verlegte, verschlug es ihn 1997 erstmals nach Mallorca, Schlüter bildete die Vorhut und sollte die Gegebenheiten vor Ort prüfen. Was er sah, gefiel ihm so sehr, dass er sich wenig später günstig zwei Wohnungen kaufte und fortan häufiger auf der Insel anzutreffen war. Seinen Lebensmittelpunkt aber verlegte er von Hamburg nach Schwerin, wo er für so gut wie alle TV-Sender als freier Journalist von Verbrechen und Gerichtsprozessen in Mecklenburg-Vorpommern berichtete. Es war dort, wo sich Schlüter endgültig als „Crime-Reporter“ einen Namen machte – unter diesem Titel drehte dann auch RTLZWEI einen 2022 gesendeten Pilotfilm über ihn.

Die ersten beiden Immobilien auf Mallorca waren ein paar Jahre später wieder verkauft, zwischenzeitlich legte Schlüter eine Inselpause ein. Heute besitzt er wieder eine Wohnung am Paseo Marítimo in Palma – und will bleiben. Wie bei so vielen war auch für ihn Corona ein Wendepunkt. „Wir feierten den Geburtstag meiner besten Freundin auf der Insel, und ich dachte mir, wenn ich jetzt nicht auswandere, wird das nie etwas.“ Dabei stand für ihn fest, dass er weiter in Deutschland sein Geld verdienen möchte und nicht auf Einnahmen auf Mallorca angewiesen sein will. „Das ist oft einer der Gründe, warum Auswanderer scheitern und heimkehren.“

Schlüter könnte jetzt von der Insel aus weitermachen mit seinen Beiträgen über Mord und Totschlag, über Schuld und Unschuld, und dabei auch die eine oder andere Geschichte auf der Insel eintüten, aber, wie gesagt, er will nicht mehr so richtig. „Ich glaube, es gibt auf Mallorca eine ganze Menge Leute, die sich von mir beraten lassen könnten, wie man mit Reportern wie mir umgeht“, sagt er. Das wäre dann die von ihm angebotene Krisenkommunikation. Darüber hinaus könne er aber auch ganz allgemein beraten, wie man eine Botschaft in den Medien effektiv platziert.

Kontakt unter mallorcatv.info

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