Mandelring-Quartett? Der Name klingt ungewöhnlich, was schon mal nicht schlecht ist. Auch sonst gibt es so einige Besonderheiten bei diesem Streichensemble: Drei der Musiker stammen aus derselben Familie. Die drei Schmidt-Geschwister wuchsen im Mandelring in Neustadt an der Weinstraße auf. Ihre Eltern leben in einem alten Kelterhaus, wo sie ihren Kindern einen Proberaum einrichteten. Noch heute bereitet sich das Quartett hier teilweise auf seine Konzerte vor, stets liebevoll umsorgt von den Eltern, die in den Mittagspausen deftige pfälzische Spezialitäten auf den Tisch stellen. Das alles wirkt zwar reichlich hausgemacht, aber das Ensemble ist vielfach preisgekrönt und gehört zu den Aushängeschildern in Deutschland. Bereits 1991 gewannen sie den ARD-Musikwettbewerb.

Das Streich­ensemble gastiert am Samstag (26.8.) ab 22 Uhr im Rahmen des Festival de Pollença im heimeligen Innenhof des Claustre Sant Domingo (Karten für 25/30 Euro unter festivalpollenca.com). Fünf Tage vor dem Konzert des Mandelring-Quartetts haben wir uns mit dem Neuzugang unterhalten. Andreas Willwohl stieß 2015 zu dem Quartett und kommt beim Anruf der MZ am Montagabend (21.8.) gerade aus einer Probe.

Haben Sie gerade den Feinschliff für den Auftritt in Pollença vorgenommen?

Nein, das werden wir in den nächsten Tagen noch machen. Wir kommen am Freitag vor dem Konzert auf der Insel an und proben dann auch noch mal gemeinsam.

Wie haben Sie denn Ihren Platz gefunden als Neuer zwischen den drei Geschwistern, die seit 33 Jahren gemeinsam musizieren?

2013 lernte ich das Mandelring-Quartett kennen, 2014 fragte mich Bernhard Schmidt, ob ich nicht mitspielen wollte. Ein langjähriges Mitglied hatte das Ensemble verlassen. Mein Start 2015 war zwar dadurch etwas einfacher, dass ich Quartett spiele, seit ich 17 bin. Aber es ist ein Findungsprozess, der dauert. Jetzt, nach zwei Jahren, kann ich sagen, dass wir uns auch menschlich gefunden haben.

Wie gut müssen Sie sich persönlich kennenlernen, damit es mit dem Musizieren reibungslos klappt?

Man lernt sich auf jeden Fall so gut kennen, wie es sonst vermutlich nur Eheleute schaffen. Jeder von uns muss bereit sein, auch mal klein beizugeben. Quartett zu spielen ist wohl die größte Herausforderung als Musiker. Man ist nicht allein, aber bewegt sich auch nicht in der relativen Anonymität eines ganzen Orchesters. Man muss sich ständig fragen: Wie kritisiere ich den anderen, damit der Umgang klappt? Aber da habe ich großes Glück mit den drei Schmidt-Geschwistern.

Sind die drei sehr unterschiedliche Charaktere?

Ja, und ich bewundere sie dafür, dass sie das schon so lange gemeinsam durchhalten. Ich habe auch drei Schwestern, aber ich glaube, ich könnte das nicht. Die meisten Quartette gehen am Menschlichen kaputt. Deshalb bin ich sehr froh, dass wir mit Sebastian Schmidt einen ersten Geiger haben, der fachlich sehr gut, aber menschlich auch sehr stabil ist. Ein Quartett steht und fällt mit der ersten Geige. Und wenn es da ­Unruhe oder Wechsel gibt, dann kann es nicht gutgehen.

Sie waren Solo-Bratscher beim Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin. Wieso gibt man so eine Stellung für ein Quartett auf?

Der eigentliche Grund war, dass ich 2011 eine Professur in Nürnberg bekommen habe, während ich noch beim Orchester angestellt war. Zunächst habe ich beides gemacht, dann hatte ich noch Gastauftritte beim Rundfunk-Sinfonieorchester. Als das Angebot vom Mandelring-Quartett kam, sagten alle Kollegen zu mir: Mach das, Quartett spielen ist das Schönste, was man machen kann als Musiker. Und es stimmt: Man kann alle Sorgen und Freuden teilen. Außerdem ist die Literatur für Quartette mit das Anspruchsvollste, was man in der klassischen Musik so vorfindet.

Ihr Ensemble ist dafür bekannt, dass es sich sehr intensiv mit den Werken auseinandersetzt, die es spielt. Das klingt mühsam.

Zu Beginn mussten wir uns da etwas suchen, da sind auch mal die Fetzen geflogen. Aber meine drei Mitstreiter haben ein riesiges Wissen, das müssen wir nutzen. Und vor allem müssen wir jeden Tag darum kämpfen, Emotionen beim Publikum zu wecken. Das fehlt heutzutage manchmal. Die Ensembles sind zwar stilistisch perfekt, aber sie schaffen es oft nicht, die Zuhörer wirklich zu berühren.

Wie steht es generell um die Zukunft der Quartette in Deutschland?

Es gibt ein so hohes Niveau wie noch nie. Wir haben sehr viele gute Quartette im Land und sehr viele sehr gut ausgebildete Musiker. Wo die alle eines Tages unterkommen wollen, ist mir ein Rätsel. Aber Qualität setzt sich am Ende auf jeden Fall durch.

Sie gelten als ausgesprochene Brahms-Experten. Warum bekommt das Publikum in Pollença nicht ihn, sondern Debussy, Dvorak und Mozart zu hören?

Wir hatten für Pollença darüber gesprochen, aber da wir in der letzten Zeit sehr viel von Ravel gespielt haben und Debussy Ravel sehr ähnlich ist, haben wir uns schließlich für ihn entschieden. Da ich den Aufführungsort von einem früheren Konzert kenne, dachte ich, dass wir dort angenehme, leichtere Musik brauchen könnten. Dazu passt auch Dvorak, der sehr viel Beglückendes hat. Das Programm ist bewusst für den Rahmen in Pollença ausgewählt.