Je später die Nacht, desto authentischer wird´s hier: In dem in einem Gutshaus aus dem 17. Jahrhundert untergebrachten alternativen Veranstal­tungsort Sa Possessió strömen dann in Scharen unangepasste junge und ältere Leute - in T-Shirts und Jeans zumeist, der ein oder andere mit leicht entrücktem Gesichtsausdruck. Wenn Insel-Gruppen wie das Posidonia Sound System mit sphärischen und zugleich rhythmischen Klängen loslegen, dann fällt auf, dass viele Besucher nicht - wie man das so kennt - tanzen, sondern wie Rumpelstilzchen gleich in die Luft springen. Und einige Mädels persiflieren Balleteusen. Man ist halt etwas anders gestrickt hier in Sa Possessió.

Etepetetehaft kommt auf diesem Anwesen, das seit fünf Jahren von vier jungen Männern erfolgreich gemanagt wird, nichts daher. Das Bier wird in durchsichtigen Plastik­bechern serviert, die Klos sind rustikal. Ins rotzig-erdverbundene Konzept passt auch ein Foodtruck namens No soup for you nebst Pingpong-Tischen. Der Eintritt ist dagegen nicht allzu günstig: Für eine Partynacht am Samstag oder Sonntag werden 12 bis 15 Euro verlangt, dafür sind dann aber auch oft mehrere DJs zugange.

Wenn der Mond besonders helle scheint, dann entsteht eine unverwechselbare Stimmung. Zumal sich beim MZ-Besuch am Freitag (17.6.) zu sehr vorgerückter Stunde auch noch das inselweit bekannte Ein-Mann-Orchester Hombre Lobo Internacional vergegenwärtigt (der Mann mit der Wolfsmaske, MZ berichtete).

Mainstream gegen Bezahlung

„Wir bieten hier keinen Mainstream", sagt Miguel Ángel Fernández, einer der Betreiber. Stiltechnisch ist man in Sa Possessió dennoch breit aufgestellt. Ob Flamenco, Folk, Indie-Rock oder Reggae - die Veranstalter sind offen für so ziemlich alles, solange es nicht allzu platt und sülzig ist. Wobei man bei Privatfesten wie etwa feierlichen Eintritten ins Rentenalter oder Geburtstagen schon mal beide Augen zudrückt: Wenn Simply Red oder Meat Loaf gespielt werden, ist das kein Beinbruch, zumal man hier auf das dadurch hereinfließende Geld angewiesen ist.

Das Gesicht von Miguel Ángel Fernández hellt sich wieder auf, als er sich an den wohl denkwürdigsten Auftritt der vergangenen fünf Jahren erinnert: „Jello Biafra, der ehemalige Frontman der Punkrock-Band Dead Kennedys, war im September 2015 mit seiner Band Guantanamo School of Medicine hier. Die Leute rannten uns die Bude ein!"

Persiflage auf Pamplona

Neben einer gewissen Schrägheit gehört vor allem der Spaß an der Freude zum Konzept von Sa Possessió. Etwa wenn am Samstag (2.7.) ab 10.30 Uhr hier erstmals ein chupinazo abgehalten wird. Die Persiflage auf den Auftakt der San-Fermín-Stiertreiben in Pamplona fand bis 2014 vor der Bar España nahe der Plaça Major statt und genießt in Palma Kultstatus. Spaß-Toreros ziehen dabei einen Pappmaché-Stier auf Rädern durch die feiernde und lärmende Menge. Dazu fließt bei freiem Eintritt viel Bier und kalimotxo (eine Cola-Rotwein-Mischung) und es spielen Bands wie die Combo Bulla.

Ansonsten geht es in dem Gemäuer, das von funktionellen Gebäuden des Gewerbegebiets Son Rossinyol umgeben ist, mittags auch weitgehend alkoholfrei zu: An manchen Sonntagen widmet man sich während der vermutera den Kindern von 4 bis 15 Jahren - etwa mit einer beweglichen Kletterwand, die hier aufgestellt wird.

Jenseits des lärmigen Spaßes, der freitags, samstags und sonntags und in diesem Sommer auch donnerstags veranstaltet wird, versinkt Sa Possessió in einer ganz anderen Realität. Dann, wenn in der Waldorf-Schule Kinder unterrichtet und wenn hier zum Beispiel Yoga-Kurse abgehalten werden. Dann ist das ein Ort des Ernstes und der Abgeschiedenheit - bis zur nächsten Party.

Welche Veranstaltungen zu welcher Tages- oder Nachtzeit angesetzt sind, erfährt man am besten bei Facebook. Sa Possessió befindet sich am Carrer Gremi Velluters, 14, der von der Ausfahrt nach Sóller zu erreichen ist.