Vor ziemlich genau einem Vierteljahrhundert, am 29. April 1991, wurde der Cabrera-Archipel, gut zwölf Kilometer vor Mallorcas Südküste gelegen, zum Nationalpark erklärt. Er umfasst eine Hauptinsel und 18 kleine Eilande und erstreckt sich über 1,3 Hektar Land- und 8,7 Hektar Meeresfläche. Über den Zustand des Schutzgebiets sprachen wir mit Parkdirektorin Carolina Encinas, die seit vergangenem Dezember im Amt ist. Die gebürtige Mallorquinerin ist Biologin und Biochemikerin und hat zuvor den Llevant-Naturpark bei Artà und das s´Albufereta-Reservat bei Pollença geleitet.

Die Erweiterung des Nationalparks um fast das Zehnfache seiner bisherigen Fläche ist in die Wege geleitet - ein besseres Geschenk zum 25. Geburtstag hätten Sie sich nicht wünschen können, oder?

Das ist natürlich eine tolle Nachricht, dass sowohl das Umwelt­ministerium in Madrid als auch die Balearen-Regierung sich hierfür stark gemacht haben und es nun sogar eine große Lösung gibt (alternativ stand eine Erweiterung auf das Doppelte der Schutzfläche zur Diskussion, Anm. d. Red.). Aber der Ausweisung eines größeren Schutzgebiets muss nun auch ein gutes Management folgen, um es intakt zu halten. Nationalparks, die allein auf dem Papier existieren, bringen schließlich nichts.

Ist genug Geld da, um einen so großen Park zu erhalten?

Im Moment nicht. Mit dem aktuellen Budget von zwei Millionen Euro für das Jahr 2016 ist das sicher nicht möglich. Die Erweiterung war ein mutiger Schritt, doch nun müssen wir uns um Geld bemühen. Für den Unterhalt ist die Balearen-Regierung zuständig. Für Forschungsprojekte gibt es zusätzliche Subventionen aus Madrid, die auch jetzt schon fließen. Wobei wir nun vorrangig in den Erhalt investieren sollten.

Sie haben Ihr Amt erst Ende 2015 angetreten. In welchem Zustand fanden Sie den Archipel vor?

Ich war auch vor meinem Amtsantritt schon oft auf Cabrera und bin immer wieder überrascht von der spektakulären Natur und vom guten Zustand des Parks. Die Seegraswiesen etwa sind tadellos erhalten. Die Ausweisung eines Meeresreservats rund um den Archipel hat sich äußerst positiv auf das Ökosystem ausgewirkt, ebenso wie auf die Fischbestände, die sich allesamt sehr gut erholt haben, das ist inzwischen sogar wissenschaftlich nachgewiesen.

Obwohl das Fischen nach wie vor nicht komplett verboten ist?

Erlaubt ist nur noch traditionelles Fischen mit kleinen Booten, und auch nur in bestimmten Zonen. Das ist aber völlig kompatibel mit dem Status eines Schutzgebiets.

Irgendwo muss es doch auch haken, oder?

Zu tun gibt es immer etwas, und alles kann verbessert werden. Zum Beispiel beim Schutz des Balearensturmtauchers, ein nur auf den Balearen heimischer Vogel, der vom Aussterben bedroht ist. Der Cabrera-Archipel ist eines seiner wichtigsten Brutgebiete. Auch die Plastikverschmutzung des Meeres bereitet mir Sorge. Doch das ist ein Problem, das weit über die Grenzen des Nationalparks hinausreicht, da können wir nur sehr begrenzt handeln.

Sind eingeschleppte Arten ein ernsthaftes Problem?

Eingeschleppte Algenarten gibt es inzwischen sehr viele. Das ist ein globales Problem, bei dem noch viel Forschungsbedarf besteht, um es zu erfassen. Die Existenz solcher Algen ändert aber nichts am guten Zustand des Ökosystems von Cabrera - es ist viel besser in Schuss als das in vielen anderen spanischen Küstenregionen. Im Kampf gegen eingeschleppte Pflanzen auf den Inseln gibt es jedes Jahr spezielle Kampagnen, etwa gegen den Sauerampfer. Auch die Ausbreitung des Löwenzahns haben die Mitarbeiter der Naturbehörde Ibanat mittlerweile gut im Griff.

In der Vergangenheit wurde oft kritisiert, dass es zu wenig Personal und Boote für Kontrollen im Nationalpark gibt.

Angesichts der Erweiterung werden wir in dieser Hinsicht ohnehin neue Wege gehen müssen, da eine fast zehnmal so große Fläche nicht mehr mit Beamten und Booten kontrollierbar ist - zumal es recht utopisch scheint, dass auch das Personal um das Zehnfache aufgestockt wird. Denkbar ist der Einsatz neuer Technologien, etwa von Hydrophonen, das sind Unterwassermikros, die über Schallwellen im Meer beispielsweise Schiffe orten können.

Vor dem Regierungswechsel 2015 wurde der Entwurf für einen neuen Cabrera-Nutzungsplan vorgestellt. Was ist damit passiert?

Er liegt derzeit auf Eis und wird überarbeitet. Da wir kurz vor einer Erweiterung des Parks stehen, ist es nur logisch, den künftigen Nutzungsplan gleich an das weitaus größere Schutzgebiet anzupassen.

25 años del Parque Nacional de Cabrera from Oceana on Vimeo.

In dem Entwurf war von einer verstärkten touristischen Nutzung die Rede. Sind die 600 bis 700 Besucher, die bisher an einem Hochsommertag kommen, nicht genug für ein Naturreservat?

Auch diese Regelung gilt es nun zu überdenken. Man wird sich sicher fragen müssen, ob es überhaupt gewährleistet ist, dass Besucher die Natur und die Schönheit von Cabrera genießen können, oder ob die Insel dafür nicht vielleicht zu voll ist.

Wie steht es um die Herberge auf Cabrera? Sie hat noch gar nicht auf, ist die Nachfrage so gering?

Sie macht am 1. Mai auf. Die Intention war von Anfang an, nicht ganzjährig zu öffnen, sondern mindestens sechs Monate. Die Nachfrage ist durchaus da, aber vor allem natürlich im Sommer, wenn man baden kann. Im Winter sind auch die Überfahrten mit den Booten von Colònia de Sant Jordi aus wegen des unbeständigen Wetters nur schwer planbar.

Glaubt man den Parkmitarbeitern, verwechseln manche Herbergsgäste Cabrera mit der Partyinsel Ibiza. Stimmt das?

Wir versuchen, Cabrera als Ausflugsziel zu bewerben, wo Natur und Ruhe im Vordergrund stehen und dementsprechend respektvolles Verhalten erforderlich ist. Doch gerade am Anfang, als die Herberge neu war, haben das manche Besucher offenbar falsch verstanden. Das ist aber ganz normal, im Refugio in s´Arenalet im Llevant-Naturpark, den ich zuvor geleitet habe, hatten wir dasselbe Problem - bis wir klare Regeln festlegten und für Ordnung sorgten.