Kontrolle macht Stress, loslassen führt zu innerer Gelassenheit. Diese Gedanken gehen der Redakteurin durch den Kopf, während die Hände krampfhaft die Griffe der Rutschseilbahn umfassen, die Füße sich am Rand der hölzernen Plattform entlang tasten. Jetzt heißt es loslassen und den Körper in das aufklaffende Nichts, acht Meter über dem Erdboden, zu werfen. Man versteht nicht, warum man damit ein Problem hat, doppelt gesichert kann schließlich nichts passieren. Es ist der Bauch, der sich sperrt, nicht der Verstand. Am Ende ist das Köpfchen stärker, Sekunden später wirbeln Glückshormone durch den ganzen Körper. Sicher auf der anderen Seite gelandet, zittern noch leicht die Arme von dem Gleitflug durch den Urwald von Santa Ponça - vor Anstrengung oder aus Angst.

„Viele Hobbykletterer haben sich hier schon überschätzt", erzählt Celine Gadois, die 2006 zusammen mit Adrian Gombia und Denis Capel den Kletterpark in einem neun Hektar großen Waldstück gegenüber vom Club Náutico installierte. Zuerst gab es im Jungle Parc nur einen Parcours für Erwachsene mit 25 Hindernissen, jetzt auch eine Piratentour für Kids zwischen vier und elf Jahren. Der Erwachsenen-Parcours ist auf 40 Stationen gewachsen mit Seilrutschen, Hängebrücken, Wippen, Kletternetzen und beweglichen Seilschlaufen - auf bis zu zehn Meter Höhe. Gerade erneuert und erweitert wird die Extreme-Tour für fortgeschrittene Kletterer mit über 30 Stationen und zwei Alternativrouten für noch mehr Adrenalin. Anfang Oktober ist Einweihung.

Doch zurück zur Selbsteinschätzung. Auf der Homepage vom Jungle Parc wird die Extreme-Tour nur erfahrenen Kletterern empfohlen. Alle anderen beginnen mit dem Explorer-Parcours. Auf einem Übungsgelände mit fünf Stationen, knapp über dem Erdboden installiert, macht man sich zunächst mit dem Ein-, Aus- und Umhaken des Sicherungsseils vertraut. Fragen beantwortet das Team vom Jungle Parc in fünf Sprachen. Dann geht´s los: Während die „Extremen" über eine Hängeleiter senkrecht an einer Pinie hochsteigen, gleiten die Explorer ganz entspannt im Sitzen mit einer Seilrutsche zur ersten Plattform. Über eine Hängebrücke, bei der einige Holzlatten fehlen, erreicht man die nächste Station, ein dünnes Drahtseil. Darüber muss man balancieren. Zum Festhalten dient ein Drahtseil in Brusthöhe, das nicht etwa stramm gespannt ist, sondern sich locker zwischen den Stämmen hin und her bewegt. Genauso lässig macht man sich auf den Weg, jeder Schritt ein schwankender Versuch, die Contenance zu bewahren.

„Bei uns zählen weniger Kraft und Sportlichkeit", sagt Celine Gadois. „Geschicklichkeit ist Trumpf." So überwindet der zwölfjährige Leo das schwebende Seil seitwärts, mit nach hinten gelehntem Oberkörper. Mit ausgestreckten Armen hangelt er sich gekonnt am Handseil entlang. Alle Achtung, aber hätten wir um Jahrzehnte älteren Kletterer uns das auch zugetraut?

Und da ist sie wieder, die Frage, wie man mit neuen, unkontrollierbaren Situationen umgeht. Oft will man sie mit besonders viel Konzentration und Körperspannung beherrschen. Wir versuchen es am nächsten Hindernis, wo man den Abgrund zwischen den sicheren Plattformen über frei schwingende Seilschlaufen überwindet. Das Vertrackte daran: Um von einer Schlaufe zur nächsten zu kommen, befindet sich immer ein Fuß für kurze Zeit in der Luft, während der andere das gesamte Körpergewicht in der zierlichen Schlinge ausbalancieren muss.

Verschwitzt, vor Anstrengung und Anspannung, kommt man an auf der anderen Seite an, sieht zurück und überlegt, wie das Überqueren mit Gelassenheit funktioniert hätte. Gelegenheiten, das auszuprobieren, gibt es noch weitere. Nach mehreren eher einfachen Stationen wartet eine Seilrutsche auf die Kletterer, länger und steiler als alle, die bereits hinter ihnen liegen. Wir beobachten, dass unser Vordermann mit ziemlich viel Schwung auf der anderen Seite landet, wo zur Sicherheit ein dickes Polster um den Baumstamm gewickelt wurde. Doch was passiert, schießt es uns durch den Kopf, wenn man mit verdrehten Beinen oder gar rückwärts an der Plattform ankommt, weil man sich auf der Fahrt unkontrollierbar um sich selbst gedreht hat?

Stunden später, der Besuch im Kletterpark wirkt mental noch nach, wird es einem plötzlich bewusst. Die Gedanken und Konzentration sollten auf das Ziel gerichtet sein, nicht auf einen selbst. Denn instinktiv macht man in schwierigen Situationen vieles richtig, wenn man vertraut und mal ein bisschen Kontrolle abgibt.

Von Baum zu Baum

Jungle Parc, Avd. Jaime I, 40 A,

Santa Ponça, Tel.: 630-94 82 95,

www.jungleparc.es.

Neu eröffnet in Bendinat: ein Kletterpark nur für Kinder,

www.jungleparcjunior.es