Die Becken, in denen früher Kraken und Quallen schwammen, sind verwaist. Die Leinwand, die für eine 3D-Projektion gedacht ist, bleibt dunkel. Und auch die Tür, hinter der mit viel technischem Aufwand die Vogelwelt gezeigt wird, bleibt verschlossen. Wer in diesen Wochen das Cabrera-Zentrum in Colònia de Sant Jordi besucht, muss feststellen, dass es noch nicht wieder hundertprozentig in Betrieb ist.

Das soll 2014 anders werden. „Die Arbeit ist zäh, aber es geht voran", sagt Carlos Andray, technischer Leiter des Zentrums, das Flora und Fauna des Cabrera-Archipels, des einzigen Nationalparks der Balearen zeigt. Viele Projekte, die der 38-Jährige derzeit vorantreibt, laufen noch hinter den Kulissen ab. Und wenn man bedenkt, dass das Zentrum geschlossen werden sollte, ist schon die Wiederherstellung des fast normalen Betriebs ein Erfolg.

Der 21-Millionen-Euro-Komplex kostete die balearische Landes­regierung jährlich mehr als 4 Millionen Euro Unterhalt - Geld, das nicht mehr da ist. Deswegen sollte zunächst ein privater Betreiber das Zentrum übernehmen. Doch in einer Ausschreibung 2012 meldete sich kein einziger Interessent. Andray, der bereits seit der Eröffnung 2008 dabei ist, rechnete schon die Kosten für die Abwicklung des Zentrums aus, als doch noch ein Abkommen zwischen Landes­regierung und Tragsa zustande kam. Der Deal: Die öffentliche Holding betreibt das Zentrum und erhält in vier Jahren insgesamt 1,2 Millionen Euro von der Landes­regierung. Außerdem darf sie die Einnahmen behalten. Im Frühjahr ging es los. Die neunköpfige Belegschaft steht vor großen Aufgaben.

Aufgabe eins: wirtschaften

War das centro de interpretación bei seiner Gründung mit großzügigen Mitteln ausgestattet, muss jetzt gewirtschaftet werden. Der Eintritt in das früher kostenlose Zentrum beträgt jetzt 6 Euro. Das sei im Verhältnis zu vergleichbaren Aquarien günstig, so Andray. Wurden früher alle Besucher in geführten Touren betreut, erkunden diese nun auf eigene Faust das Zentrum.

Nach Monaten der Ungewissheit musste das Team zunächst wieder Schritt für Schritt den Betrieb hochfahren, bevor an Verbesserungen zu denken ist. Die Pump- und Aufbereitungsanlagen hinter den Wasserbecken ähneln dem Maschinenraum eines Schiffs und seien genauso wartungsintensiv, so Andray. Da stehen aufwendige Projekte wie der Saal mit Projek­tionen über die terrestrische Tierwelt - er wird hydraulisch im Innern des Rundturms bis zur Aussichtsplattform gehievt - hinten an. Und auch die Quallen müssen erst wieder gezüchtet, Kraken wieder gefischt werden. Aber die meisten Becken sind gefüllt, und erste Neuanschaffungen etwa in Form Grauer Glatthaie drehen ihre Runden.

Aufgabe zwei: attraktiver werden

Als Ersatz für die früheren Guides sind nun beleuchtete Info-Tafeln auf Spanisch, Katalanisch, Englisch und Deutsch geplant. Einen Prototyp hat Andray bereits in seinem Büro stehen. Derzeit erhalten Besucher Info-Zettel, auf denen die Meeres­tiere erklärt sind. Ergänzend soll es einen Audioguide geben, der das eindrucksvolle Wandgemälde von Miguel Mansanet mit mediterranen Motiven erklärt. Es zieht sich über mehrere Stockwerke in dem einem prähistorischen Talaiot nachempfunden Bau. Auf der Aussichts­plattform steht nun ein Fernrohr, mit dem man für ein Euro das 17 Kilometer entfernte Archipel betrachten kann.

Aufgabe drei: vermarkten

Was an jedem Ausflugsziel Standard ist, wurde erst jetzt eingerichtet: ein Shop, in dem es Fachbücher und Souvenirs, aber auch Stofftiere und Spiele zu kaufen gibt. Das Angebot werde gut angenommen, so Andray. Zur Palette gehören außerdem lokale gastronomische Produkte sowie Kunsthandwerk.

Endlich gibt es auch wieder mehrsprachige Info-Blätter, die in Kooperation mit den Hoteliers verteilt werden. Eine Website wird programmiert, Social-Media-Marketing vorbereitet. An der Promenade informieren Plakate über das Cabrera-Zentrum, das etwas versteckt in zweiter Meereslinie liegt. Die Werbung hat die Gemeinde Ses Salines für das Zentrum übernommen - man ist hilfsbereit, seit die Schließung des Zentrums drohte.

Die örtlichen Hoteliers haben ihre Kontakte spielen lassen und für den 2. Oktober Vertreter der Reiseveranstalter eingeladen. Das Ziel: Die Touristenbusse sollen in Zukunft nicht nur Drachen­höhlen und Perlen­hersteller anfahren, sondern auch das Cabrera-Zentrum in ihre Route aufnehmen. Weitere Zielgruppen sind spanische Senio­ren, die alljährlich mit dem Sozial­reiseprogramm Imserso nach ­Mallorca kommen, Schulklassen sowie auch Forschungsinstitute. Diesen werden die Aquarien für Experimente angeboten. Dank der neuen Zielgruppen soll die jährliche Besucherzahl wieder von 25.000 auf 100.000 steigen. „Dann wären unsere Probleme gelöst", sagt Andray.

Ein weiter Weg steht aber noch beim Imagewandel bevor. Das Besucher­zentrum werde noch immer in einem Atemzug mit Jaume Matas genannt, klagt Andray - der korrupte Ex-Premier und Ferienwohnungs­besitzer in Colònia hatte in seiner Zeit als spanischer Umweltminister das überteuerte Projekt vorangetrieben. Der Schatten von Matas ist lang - aber Andray und sein Team haben ja auch gerade erst angefangen.

Centro de interpretación del Parque Nacional de Cabrera,C/. Gabriel Roca s/n, Colòniade Sant Jordi, Tel.: 971-65 62 8210-14 und 15-23 Uhr, Nebensaison (ab 16.9.) 9-14 und 15-18 UhrEintritt: 6 Euro (Nebensaison5 Euro), Kinder 3 Euro

Im E-Paper sowie in der Printausgabe vom 5. September (Nummer 696) lesen Sie außerdem:

- Brutaler Überfall auf deutsches Paar: Wirt aus Cala Millor stirbt

- Schuljahr wird mit Streik begonnen

- TV-Duell mit Merkel und Steinbrück: So sahen es die Residenten

- Neue Ökoabgabe für Klimaanlagen sorgt für Unmut

- Seniorennetzwerk ist startklar