Ein Zimmer des Hotels Misión mitten im Zentrum von Palma de Mallorca können wir nicht besichtigen. „Leider sind wir ausgebucht", sagt Marketing-Verantwortliche Lourdes Sannin. Natürlich bedauert die junge Frau das nicht wirklich. Das im Gassengewirr zwischen dem Carrer Oms und dem Carrer Sant Miquel versteckte Haus mit 32 Zimmern ist das ganze Jahr über geöffnet, besitzt einen schönen Innenhof und strahlt eine große Ruhe aus. Hier begann die Geschichte der kleinen UR Hotels, einer im Grunde aus der Not geborenen Hotelkette.

Wobei: Die eigentliche Geschichte nahm schon vor knapp 50 Jahren ihren Ursprung. Hinter UR Hotels steckt der mallorquinische Anwalt Javier Coll, wie sein Sohn und Inhaber der Kette, Christian Coll Englund, erzählt. „Mein Vater ist mit seinen Eltern als kleines Kind nach Argentinien ausgewandert und mit 18 Jahren zurück auf die Insel gekommen." Hier arbeitete er zunächst als Anwalt und später als Tierarzt. Nebenbei betätigte er sich als Bauträger und gründete die Baufirma Grupo Rùstic, die auf Mallorca ab 1970 eine rege Bautätigkeit entwickelte. „Mein Vater war derjenige, der rund um den Flughafen Son Bonet nahe Pont d'Inca die Siedlungen baute. Ich durfte oft am Wochenende mit dem Traktor über die damals unbefestigten Feldwege fahren", erzählt sein Sohn Christian, der seinen zweiten Nachnamen Englund seiner ­Mutter, einer Schwedin, zu verdanken hat.

Schon als Kind verbrachte Christian Coll viel Zeit bei der Familie in Schweden, die Insel wurde ihm schnell zu klein. Er studierte Betriebswirtschaft und Unternehmensführung und lebte einige Monate in München, um Deutsch zu lernen. In London setzte er dann seinen Master drauf und blieb gleich in der britischen Metropole, weil der Vater dort einen großen Apartmentblock mit 81 Wohneinheiten baute. Unter anderem arbeitete Christian Coll nach dem Master bei JP Morgan und anderen Investmentbanken, bevor er 2006 wieder zurück nach Mallorca kam.

„Pünktlich zum Ausbruch der Wirtschaftskrise", wie er sagt. Das Baugeschäft kam komplett zum Erliegen, die Familie wusste nicht so recht, wie es weitergehen sollte. Zumal der Vater zahlreiche Grundstücke aufgekauft hatte, um sie an Bauwillige zu veräußern. Eine neue Geschäftsidee musste also her. „Da sagte ich zu meinem Vater: Wieso bauen wir nicht ein Hotel?", erzählt Christian Coll. Sein Vater überlegte nicht lange, sondern schritt zur Tat: Er kaufte ein Ensemble von mehreren Gebäuden mitten in der Altstadt - den Grundstock für das erste Haus der 2006 gegründeten Kette UR Hotels. UR stand dabei in Anlehnung an die Baufirma des Vaters für Urban Rùstic, die Abkürzung funktioniert auch im Englischen als Wortspiel von „your", also dein. „Und auch bei den Deutschen weckt es angenehme Assoziationen. Schließlich beginnt das Wort Urlaub mit diesen Buchstaben", sagt Christian Coll.

Die Familie richtete also die Gebäude her und das erste Hotel ein. Ein paar Monate später fand Christian Coll mit dem Palacio Avenida direkt gegenüber der Plaça d'Espanya eine weitere zentrale Lage für das zweite Haus der Gruppe. Und erneut nur wenige Monate später kaufte UR das Hostal Azul Playa in Ciutat Jardí auf und verwandelte es in ein Hotel. Dieses Haus verkaufte die Gruppe zwischenzeitlich wieder und erwarb stattdessen das Hotel Portofino, direkt am Strand von Ciutat Jardí.

Mit den drei Hotels soll nicht Schluss ein. „Wir sehen uns ständig nach neuen Objekten um, auf Mallorca, in Spanien und in Europa", erklärt Christian Coll. Und dabei geht es nicht nur um kleine Hotels im Zentrum von Städten. Denkbar seien auch Fincas oder Hotels mit wenigen Zimmern auf dem Land sowie Strandhotels. Ein Projekt ist beinahe schon in trockenen Tüchern. Es soll 2019 in Großbritannien eröffnet werden. Weitere Details verrät der Inhaber aber nicht.

Bis es an dieser Front keine Neuigkeiten gibt, will Christian Coll erst einmal die bestehenden Häuser aufhübschen. So bekommt das Misión in den kommenden Monaten eine Generalüberholung. Bis Ostern sollen sechs Zimmer mehr zur Verfügung stehen, genauso wie ein Außenschwimmbad, zwei Veranstaltungsräume im Keller, ein Wintergarten und eine Terrasse. Ideen, was er mit den neuen Räumlichkeiten anstellen will, hat Christian Coll schon einige. „Mir schweben Diskussions­abende über Politik, Kultur oder Kunst vor." Das Hotel solle auch für die Einheimischen zur regelmäßigen Anlaufstelle werden, um bei einem Cocktail Livemusik zu genießen.