Es sind die Orte, die uns rufen, wir suchen nicht danach, sagt Cati Bauzà. Der Ruf erklang vor eineinhalb Jahren während der Antiquitätenmesse in Maria de la Salut, die Cati und ihr Mann Juan Antonio Cantarellas alljährlich besuchen. Es war nicht das Verkaufsschild an einem der Eckhäuser am Hauptplatz, das ihren Blick magisch anzog, sondern das alte Schild über dem Eingang: Café Central. „Das machte mich neugierig, was aus der ehemaligen Bar geworden war", sagt Cati, die aus dem Nachbardorf Santa Margalida stammt.

Aus Neugierde wurde Interesse, und bald waren sie und Juan Antonio schwer verliebt in das alte Haus, das so viele Menschen und Geschicke kommen und gehen sah. Eine Geschichte geht so: In den 20er-Jahren fand ein Mallorquiner aus Maria de la Salut eine Kiste Gold am Strand von Can Picafort. Mit dem Geld baute er zwei Häuser am Dorfplatz. Eines errichtete er auf den Fundamenten einer alten Bodega von 1870, dem späteren Café Central. Im Laufe der Zeit zogen dort eine Änderungsschneiderei, ein Stoff- und Friseurgeschäft ein. Bis 1995 die Türen verschlossen wurden und das hübsche Lokal mit antiken Elementen im Dornröschenschlaf versank.

Die Helden der Leseratten

Im vergangenen November entschieden Cati und Juan Antonio das Haus zu kaufen, zu renovieren und als Hotel mit neun Zimmern neu zu eröffnen. Dazu muss man wissen, dass die beiden sich damit auskennen, emblematische Orte mit Geschichte vor dem Untergang zu retten. Als in Palma der alte Bazar del Libro im Carrer Sant Crist vor sechs Jahren geschlossen werden sollte, kaufte das Paar das Antiquariat mit komplettem Bestand auf. Seither ist Cati mit Begeisterung Buchhändlerin. „Wir wollten nie reich damit werden", sagt Juan Antonio, der als Steuer- und Immobilienberater arbeitet. „Viel wichtiger ist es, Spaß zu haben, Neues zu erfahren und interessante Leute kennenzulernen."

Daher hatten sie anfangs auch die Idee, ihr neues Dorfhotel selbst zu betreiben. Doch wie sollte das funktionieren - mit Job, Antiquariat und drei Kindern. Über einen Bekannten lernten sie im Sommer die mallorquinische Agentur Som aus Palma kennen, die mehrere Hotels auf der Insel betreibt und der Cati und Juan Antonio ihr Hotel anvertrauten. Die Agentur unterhält zudem eine Restaurant-Kette mit dem Namen Melassa (mallorquinisch, sehr

lecker). Das dritte Melassa-Lokal wird zur Hoteleröffnung am 1. Dezember in Maria de la Salut einziehen.

Dachterrasse mit Whirlpool

Das Som Hotel Central, wie das Haus offiziell heißt, bietet neun Zimmer, jedes anders geschnitten und eingerichtet. Über eine schmale Treppe steigt man in den ersten Stock mit fünf Doppelzimmern und Zutritt zum großen Außenbalkon, der zum Platz geht. Noch mal eine Treppe höher liegen drei weitere ­Räume, die man über die Dachterrasse betritt. Früher als Speicher genutzt, baute Juan Antonio den Dachboden in drei Zimmer mit Bad um. Die Suite besitzt sogar eine private Dachterrasse mit einem Whirlpool.

So schmeckt Mallorca

Im Erdgeschoss verwandelte das Paar das ehemalige Friseurgeschäft in ein Einzelzimmer mit Bad, das man vom Restaurant aus betritt. Die frühere Bar blieb weitestgehend erhalten, den original Marmortresen ließen Juan und Cati Stein für Stein abbauen und an der Wand gegenüber wieder aufbauen. Auch die alten Stühle und Esstische kommen restauriert wieder zum Einsatz. Für die neu entstandene Küche wurde ein Teil des früheren Sitzbereichs umgebaut, durch ein großes Glasfenster können die Gäste den Köchen nun beim Arbeiten zusehen. Was auf die Teller kommt? „Natürlich lokale Produkte in Form von mallorquinisch-mediterran-modernen Gerichten", erklärt Neus Cañellas, die für Som arbeitet und das Hotel von Cati und Juan Antonio betreut.

Ganz im Sinne der zwei

Hotelbesitzer setzt die Agentur Som auf ein Urlaubskonzept, das neben einem guten Service den Kontakt zum Ort und seinen Bewohnern mit einschließt. „Wir bieten kostenlose kulturelle Ausflüge für die Gäste an, organisieren Radtouren und Workshops, in denen die Teilnehmer beispielsweise lernen, wie sie den Kräuterlikör Hierbas selbst herstellen", so Neus Cañellas. Die Marketingfachfrau sieht im Dorftourismus einen Trend und glaubt, dass die neuen Vermietungsplattformen wie Airbnb dazu beigetragen haben: „Plötzlich gab es ein Angebot von Privatunterkünften in entlegenen Orten der Insel und die Touristen kamen." Auch in anderen Orten wie Campos und Llucmajor sind in jüngster Zeit neue Hotels im Dorfkern entstanden, und in Ariany ist das nächste in Planung.

In Maria steppt der Bär

Bleibt nur zu klären, was der Individualtourist in so einem verschlafenen Dorf wie Maria de la Salut macht, sofern er nicht in seinen Mietwagen steigt, um zum Baden an den Strand oder zum Wandern in die Berge zu fahren. „Maria de la Salut ist eines der lebendigsten Dörfer der Insel", erklärt Cati. Nur der November sei zugegeben sehr ruhig. Doch im Dezember stünden bereits die Weihnachtsfeiern an und ab Januar folgten dann kontinuierlich Feste und Märkte, die auf dem Dorfplatz abgehalten würden.

„Das Einzige, was in Maria de la Salut noch fehlt, ist ein Hippie-Fest", glaubt Cati. Die Idee würde bereits im Dorf kursieren, initiiert von einem Bewohner aus Maria de la Salut, der seinen Wunsch auch schon im Rathaus vorgetragen habe. „Ich liebe diese alten VW-Busse", sagt Cati. Der Gedanke, dass Hippies in ihrem Hotel absteigen, finden

Cati und Juan Antonio denn auch einfach nur „yeah!".

Som Central Hotel, Zimmer ab 65 Euro, Plaça des Pou, 6, Maria de la Salut, Tel.: 971-42 41 42.