Emilio Nadal scheint einer jener Chefs zu sein, die am liebsten alles selbst regeln würden. Der Hauptanteilseigner der 2015 auf Mallorca gegründeten Hotelkette Senses Hotels beklagt sich während des Treffens mit der MZ im nagelneuen Senses Palmanova beim Geschäftsführer Gabriel Martí über die Energieverschwendung. „Hier steht die Tür sperrangelweit offen und die Klimaanlage läuft auf vollen Touren. Wir blasen die ganze kühle Luft in die Hitze hinaus." Energisch schiebt Emilio Nadal die Tür zu.

Der 70-Jährige ist eigentlich Architekt, dem Hotelgewerbe aber keineswegs fremd. Genauer gesagt: Sein Büro Nadal Arquitectos mit Sitz mitten in der Altstadt von Palma hat sich seit über 40 Jahren auf den Bau und die Renovierung von Hotels weltweit spezialisiert. „Wir haben vor allem in Spanien gearbeitet, aber auch in Indonesien oder Südamerika", sagt Nadal. 70 Hotels habe sein Büro inzwischen gebaut oder umgestaltet, viele davon von mallorquinischen Ketten, wie etwa Meliá oder Blau.

Vor zwei Jahren wurde Nadal dann unverhofft selbst zum Hotelier. Sein Bruder, so erzählt er, war einer von drei Besitzern der 1995 gegründeten Hotelkette Delfín Hotels. Zwei der Anteilseigner beschlossen vor zwei Jahren aus Altersgründen, sich zurückzuziehen und die Kette mit einem Hotel in Palmanova und zwei Häusern sowie einer Apartmentanlage in Santa Ponça zu verkaufen. Der Bruder von Nadal behielt seine Anteile, Emilio übernahm die der beiden anderen Teilhaber - und war somit der neue Besitzer. „Wir verstehen uns sehr gut und haben dieselbe Arbeitsauffassung", sagt Emilio Nadal über das Verhältnis zu seinem Bruder, der sich vor allem um die Buchhaltung im Unternehmen kümmert.

Emilio Nadal vollzog einen radikalen Schnitt und gab der „Mini-Kette", wie er sie selbst nennt, einen neuen Anstrich. Aus Delfín Hotels wurde Senses Hotels - auch, um eine anspruchsvollere Kundschaft anzuziehen. Alle Sinne sollen angesprochen werden, so Nadal. Daher auch der neue Name, mit dem man sich im gehobenen Segment mehr Akzeptanz erhofft.

In Palmanova ist man nach einer mehrmonatigen Renovierungsphase im vergangenen Winter und Frühjahr schon so weit. Kaum einen Stein ließen die Bauarbeiter auf dem anderen, zusätzlich wurde ein neuer Gebäudeteil mit zwölf größeren Zimmern gebaut. Dafür kauften die Verantwortlichen ein Grundstück neben dem Hotel und ließen ein kleineres Gebäude abreißen. Eröffnet wurde am 12. Mai dieses Jahres.

Geschmackvoll sieht es aus hier - viel Weiß, Bali-Betten, sieben Pools, darunter einer mit einer 25-Meter-Bahn, zwei Restaurants, großer Spa-Bereich mit Sauna, Dampfbad sowie ein Fitness-Raum und ein Konferenzsaal. Eben das komplette Angebot. Besonders stolz ist Nadal auf die Dachterrasse mit eigenem Pool und Blick auf die gesamte Bucht von Palmanova. Diesen Bereich dürfen tagsüber nur die Gäste nutzen, die in den beiden oberen Stockwerken 5 und 6 ihr Zimmer haben. Abends wird die Terrasse zur beleuchteten Lounge mit Cocktailbar und steht allen Hotelgästen offen.

Am Besuchstag wird vor allem Englisch gesprochen im Hotel, obwohl Nadal und Martí Wert darauf legen, dass die Klientel sehr international ist. So kämen auch Skandinavier oder Deutsche in die Hotels in Palmanova und Santa Ponça. Dort, wo sich die zwei anderen Häuser und die Apartmentanlage befinden, greift man in den kommenden Wintern zu Hammer und Spachtelmasse. Die Häuser, die momentan noch im Delfín-Look daherkommen, sollen möglichst bald ihre Verpuppung zu Senses-Hotels hinter sich haben. Dann heißt es auch hier Vier-Sterne-Plus. Wird aus einem der Häuser irgendwann einmal ein Fünf-Sterne-Hotel? Nadal antwortet, ohne einen Moment zu zögern: „Wenn die Kundschaft sich irgendwann so benimmt ?" Da gebe es „solche und solche".

Klientel hin oder her - die Zukunftspläne von Nadal, der inzwischen mehr und mehr an seine Tochter delegiert, sehen wie folgt aus: erst renovieren, dann wachsen. Sprich: Sobald alle Häuser der Kette hergerichtet sind, will sich Nadal darum kümmern, weitere Hotels ins Portfolio aufzunehmen. Wobei er ganz klare Prioritäten hat: „Wir glauben an Mallorca und setzen voll auf die Insel." Heißt: wenn Expansion, dann nur auf sa roqueta. „Gerade weil wir mit unserem Architektenbüro so viel internationale Erfahrung haben, sind wir so vom Standort Mallorca überzeugt."

Auch wenn da das leidige Thema mit der noch nicht so belebten Nebensaison sei. Deshalb müsse man auch das neue Senses in Palmanova zwischen dem 15. November und dem 15. Februar schließen. „Wenn es keine Flüge gibt, können schließlich keine Kunden kommen", stimmt Nadal ins altbekannte und zumindest in der jüngsten Zeit nicht ganz zutreffende Klagelied der Hoteliers ein. Aber vielleicht ändere sich das ja mit der geplanten Inbetriebnahme einer Bike-Station kommendes Jahr. „Wenn dann an Weihnachten oder im Januar Radfahrer zu uns kommen, öffnen wir gerne." Er sei schließlich der Letzte, der kein Geschäft machen wolle.

Hotelketten auf Mallorca: die bisherigen Folgen