Bei Hoteles Saint Michel (kurz HSM) hat man wenig mit der Presse zu tun. Mitgründer und Aufsichtsrat Miquel Colom räumt das zu Beginn des Treffens mit der MZ ein. Er hätte es nicht sagen müssen. Allein die Wahl des Ortes für das Interview deutet darauf hin, dass die 16 Häuser umfassende Kette nicht gewohnt ist, im Rampenlicht zu stehen. Wir treffen uns im Golden Playa in der Nachbarschaft des Palma Aquariums - ein Haus, das offensichtlich einer Renovierung bedarf und diese auch im Winter bekommen soll. So lange wirkt das Hotel stellenweise wie aus den 90er-Jahren. Ausgebucht ist es dieser Tage trotzdem. Der Meerblick zieht halt immer. Dabei hätte man bei HSM auch schicke und neu renovierte Häuser vorzuweisen gehabt.

Die Geschichte von Hoteles Saint Michel beginnt im Einwandererviertel Son Gotleu. Joan Colom, der Vater von Miquel und heute 81, betrieb dort eine Eisenwarenhandlung, eine sogenannte ferretería. Außerdem war er in der Baubranche tätig und hatte unter anderem 1970 das Hotel Saint Michel in Portals Nous gebaut. Der für Mallorca etwas ungewöhnliche Name leitet sich von Miquel höchstpersönlich ab, genauer gesagt, von seinem Sohn. „Ich hatte als Kind viele französische­ Freunde und war deshalb ein großer Frankreich-Fan", erzählt der 58-Jährige.

1978 war das Jahr, in dem sich die Familiengeschichte ändern sollte. Der Besitzer des Hotels in Portals kam auf die Coloms zu, weil er sein Haus verkaufen wollte. Joan und sein damals 19 Jahre alter Sohn überlegten kurz - und schlugen zu. Miquel hatte zu dieser Zeit bereits gut zwei Jahre in verschiedenen­ Hotels an der Rezeption gearbeitet, war also dem Geschäft nicht fremd. „Das war der ausschlaggebende Punkt. Hätte ich nicht an der Rezeption gearbeitet, gäbe es die Kette heute wohl nicht", sagt er. Sohn und Vater trauten sich das neue Business zu, machten sich an die Arbeit und schufteten die ersten Monate nahezu ohne Pause.

Die Eisenwarenhandlung lief - bis ins Jahr 1990 - nebenher weiter, doch der Familie war schnell klar: „Um zu überleben, müssen wir möglichst schnell eine Kette aufbauen und die Zahl der Gäste­betten deutlich erhöhen."

Von 1980 bis 1982, das Saint Michel in Portals befand sich gerade mal seit einem Jahr in ihrem Besitz, kauften die Neu-Hoteliers drei weitere Häuser auf der Insel. Es waren alles kleinere Familienhotels, deren Besitzer sich auch angesichts einer aufziehenden Krise ein längeres Engagement im Tourismus nicht vorstellen konnten. „Einige haben damals tatsächlich geglaubt, der Tourismus auf Mallorca sei am Ende", sagt Miquel Colom. Er und sein Vater hätten immer an Zyklen geglaubt, an Wellenbewegungen.

Wobei es Probleme gab: „Gerade am Anfang hatten wir Schwierigkeiten mit der Finanzierung der Hotelkäufe. Die Banken gaben damals noch nicht so freizügig Hypotheken wie heute. Wir haben die Kaufsummen oft über zehn, zwölf Jahre mit den Vorbesitzern langsam abgestottert." Die seien froh gewesen, die scheinbaren Missgriffe loszuwerden.

Peu à peu wuchs HSM und hatte zu Hochzeiten in den späten 90er-Jahren gar 21 Häuser im Besitz. „Dann haben wir unsere Strategie geändert und setzen seit ein paar Jahren statt auf Masse auf Qualität", erklärt Colom, der heute für Markterweiterung und Qualitätssicherung verantwortlich ist. Von fünf Hotels verabschiedeten sich die Coloms, darunter zwei in Arenal und zwei in Portals. Seit 19 Jahren hat die Familie kein neues Hotel mehr gekauft.

Und Expansionspläne, die über die Insel hinausgehen, sind Miquel Colom genauso wie seinen beiden Geschwistern Ramon und Margarita fremd, die ebenfalls im Aufsichtsrat sitzen und die Finanzen sowie das Marketing verantworten. „Wir sind totale Familienmenschen und wollen nicht, dass der eine in der Karibik lebt und der andere vielleicht in Asien oder sonstwo."

Auf Mallorca kenne man sich aus, da wolle man bleiben. Zumal die 16 Häuser gut über die Urlauberhochburgen der Insel verteilt sind: von Magaluf und Peguera über die Bucht von Alcúdia, Cala Ratjada, Cales de Mallorca und Sa Coma bis hin nach Arenal. Nur noch in einem dieser Häuser bietet HSM All-inclusive an. Teilweise negative Erfahrungen in der Vergangenheit hätten zu diesem Strategiewechsel geführt.

Hotelketten auf Mallorca: alle Folgen