Weiße Dampfschwaden steigen aus dem Cocktailglas auf, das Marga Mayol vorsichtig vor eine junge Touristin auf den Tisch stellt. Diese zückt ihr Handy. „Boah, wie cool das aussieht", sagt sie und knipst ein Foto.

Diesen und ähnliche Sätze hört Marga Mayol mehrmals täglich, und das auch schon seit Jahrzehnten. 30 Jahre ist es her, dass ihre Eltern Tomeu und María die „Bora Bora"-Cocktailbar an der Meerespromenade von Cala Ratjada im Nordosten von Mallorca eröffnet haben. „Damals war es exotisch, überhaupt Cocktails anzubieten. Heute hat ja praktisch jede Bar in der Umgebung zumindest eine Handvoll davon auf der Karte", so Mayol. Doch es stört sie nicht wirklich. „So wie wir macht sie keiner."

Vor 17 Jahren übernahm Marga Mayol gemeinsam mit ihrem Bruder Mitos das Familienunternehmen. Geändert hat sich seitdem so gut wie nichts. Noch immer sind die Decken und die lange Theke mit den Bambusstöcken abgehangen, die Vater Tomeu damals anbrachte. Marga Mayol ist selbst davon beeindruckt. „Das hält ein Leben lang." Das Strohdach über der Theke sei zwar ein paar Mal erneuert, aber im gleichen Stil wie damals bei der Eröffnung wieder angebracht worden.

Wer mit dem Rücken zur Theke steht, hat den perfekten Panoramablick aus dem ersten Stock aufs Mittelmeer - wer frontal auf die Theke schaut, fühlt sich in den Südpazifik versetzt. Dafür sorgen nicht nur die Blumenketten an den Säulen und Lampen, sondern auch die breit gefächerte Sammlung aus bunten Humpen im Tiki-Style: Maskenhafte Gesichter, tierische Fantasiefiguren, alle ein bisschen skurril, zieren die unförmigen Gefäße. Sie finden sich auch in den Skulpturen an den Wänden wieder. „Mein Vater hat sich schon immer für die polynesische Kultur interessiert", so Mayol. Für Hawaii, aber eben auch für das Atoll Bora Bora. „Er war selbst nie da. Aber er hat immer viel darüber gelesen."

Dass polynesischer Style in Cala Ratjada funktionieren kann, ist nicht neu. Bis heute sprechen die Menschen von der legendäre Waikiki-Bar, die der legendäre Auswanderer „Jack Bilbo" in den ­30er-Jahren betrieb. Das Bora Bora hat damit aber nichts zu tun. Hier geht es nur ums Flair. „Jeder Cocktail hat seinen eigenen Humpen", erklärt Marga Mayol. 22 Mixgetränke mit und sechs ohne Alkohol stehen auf der Karte. „Hinzu kommen natürlich die ganzen Standarddrinks wie 'Mojito' oder 'Sex on the Beach'", sagt Marga Mayol. Aber die meisten Gäste entscheiden sich für die Spezialitäten des Hauses. Der Cocktail „Bora Bora" beispielsweise enthält Rum, Brandy, Passionsfruchtsaft und Ananassaft. „Fruchtsäfte sind typisch für die Tiki-Cocktelerie. Und das Mischen in einer Mixmaschine statt in Shakern auch."

Serviert werden die Getränke je nachdem mit Blumen- oder Früchtedekoration, mit Wunderkerzen, Kokosnussstückchen oder eben dem Trockeneis, das die beeindruckenden Dampfschwaden heraufbeschwört. Im Regal stehen 17 Rum- und 19 Ginsorten bereit. „Aber wir haben natürlich auch mallorquinischen Hierbas", so Mayol.

Das Bora Bora ist eine der wenigen Bars in Cala Ratjada, die gerade zu später Stunde überwiegend von Einheimischen besucht werden. Dann weicht die sanfte Reggae-Musik vom frühen Abend spanischen Klängen. Sogar außerhalb der Saison, wenn der Urlaubsort in den Winterschlaf verfällt, hat das Bora Bora geöffnet. „Aber nur an den Wochenenden." Ska-, Rock- und Rap-Konzerte locken dann die Dörfler jeden Alters an. „Ein bischen Südpazifik-Flair ist eben auch in den kalten Monaten nicht zu verachten", so Marga Mayol.