Adrián Quetglas (48) ist in Argentinien geboren, hat sein Handwerk in London gelernt und in Russland triumphiert. Seit vergangenem Mittwoch (23.11.) kann sich sein nach ihm benanntes Restaurant am Paseo de Mallorca in Palma mit einem Michelin-Stern schmücken.

Wie haben Sie auf den Stern angestoßen?

Ich habe direkt nach der Preisverleihung gefeiert, in Girona, zusammen mit Álvaro Salazar und Macarena de Castro. Um zwei Uhr morgens bin ich schlafen gegangen, obwohl die Party noch weiterging. Ich brauchte die Pause, auch wenn ich nicht wirklich zur Ruhe kam, weil das Telefon ständig klingelte.

Wie „verdaut" man so eine Auszeichnung?

Dies ist ja nicht mein erster Preis. In Russland wurde ich zum landesweit besten Koch gekürt, aber ich merke auch, dass der Michelin-Stern etwas „Größeres" ist, mit weitreichenden Folgen für mich. Ich fühle mich noch etwas überwältigt und muss erst mal zur Ruhe kommen.

Wozu wird der Stern gut sein?

Er wird mir dabei helfen, mich selbst zu motivieren. 2016 war gesundheitlich ein hartes Jahr für mich. Der Stern wird dem Restaurant viel Werbung bescheren, das Konzept werden wir allerdings beibehalten.

Welche Essenz wollen Sie nicht verlieren?

Ich habe von Anfang an gesagt, dass meine Kellner in Jeans und Turnschuhen rumlaufen werden, ich will keine Tischdecken, alles soll schlicht und einfach sein: nur ein Menü, keine Karte. Ich möchte keine steife Atmosphäre, sondern Nähe zwischen Gast und uns, dem Koch- und Serviceteam. Das wird häufig verwechselt: Ein Stern heißt nicht

unbedingt Luxus und Chichi.

Sind Ihre Preise günstig?

Die sind nach wie vor gut. Ein Menü mit sieben Gängen für 40 Euro - ich glaube, das kann man als preislich günstig durchgehen lassen. Im Guide Michelin gibt es kein vergleichbares Angebot.

Ihre erste gastronomische Erinnerung?

Die Schnecken, mit dem ganzen Prozedere, sie zu säubern. Ich sammelte sie in Argentinien, mit meinem Vater.

1968 in Buenos Aires geboren, Ihre Großeltern und Ihr Vater sind Mallorquiner. Was hat Sie auf die Insel verschlagen?

In Argentinien hatte ich das Gefühl, nicht wirklich „wachsen" zu können. Als es mit den Geschäften meines Vaters bergab ging, beschlossen wir, nach Mallorca zu ziehen.

Sie haben als Kellner angefangen ?

Ja. In einem Chinarestaurant in Palma, Shangai hieß es. Als Junge für alles habe ich sehr viel gelernt. Anschließend machte ich meine eigene Cafetería auf der Plaça Paris auf, Ca´n Arnau, und sattelte schlussendlich zum Koch um.

Wo haben Sie das Kochen gelernt?

Auf einer privaten Schule in Paris, teuer und nicht wirklich gut, aber immerhin ein Türöffner. So konnte ich nach London gehen und in einem Sterne-Restaurant weiter lernen. Da wurde ich richtig hart rangenommen. Marc Fosh zeigte mir dann hier auf Mallorca die kreative Seite des Kochens.

Was macht Ihre Küche aus?

Alles was wir servieren, spiegelt, wie ich bin: ein ganz normaler, aber eigenartiger Kerl. Ein Mallorquiner, der in Argentinien geboren wurde und in Russland gelebt hat. Ich koche mit russischem Einschlag, Kaviar und Rote Bete, und gleichzeitig sehr mediterran.

Worin liegt das Geheimnis, Sternekoch zu werden?

Man sollte am besten gar nicht darüber nachdenken, sondern einfach engagiert und begeistert kochen. Nur so wird man richtig gut.

Álvaro Salazar (31) hat in Sterne-Restaurants wie dem Echaurren oder Sergi Arola Gastro gelernt. Nun darf auch sein Restaurant, das Argos in Port de Pollença, die begehrte Auszeichnung tragen.

Was haben Sie als Erstes gemacht, als Sie von Ihrem Stern erfuhren?

Ich konnte es nicht glauben. Ich dachte zunächst, dass ich eine anderen Auszeichnung gewonnen hätte, eine Vorstufe zum Stern. Als ich es begriff, war die Freude riesig.

Wie haben Sie es in den Küchen-Olymp geschafft?

Indem ich gearbeitet habe, 20 Stunden täglich, während der letzten 12 bis 14 Jahre, fern von Familie und Freunden. Die Küche saugt alle Energie auf.

Seit wann hat es Ihnen die Kocherei angetan?

Seit ich klein bin. Meine Eltern mussten geschäftlich viel reisen. Ich blieb mit meinem kleinen Bruder zu Hause bei meiner Oma. Sie hat mir viel gezeigt.

Wie sind Sie auf Mallorca gelandet?

Die Arbeit hat mich hierher verschlagen, als Koch im Maricel-Hotel. Das war eine sehr gute Erfahrung.

Paris, Kuwait, Stockholm, Portugal, Sie sind immer in Bewegung. Welche Rolle spielen Ihre Reisen beim Kochen?

Eine sehr wichtige. Ich bin kein hundertprozentiger kulinarischer Tourist, aber ich versuche, mich mit der Küche des Landes, in dem ich bin, vertraut zu machen. Ich liebe es, zu reisen und auf Reisen zu kochen. Das kann auch in einem kleinen spanischen Dorf sein: die kulinarischen Wurzeln dort zu entdecken, die Produkte, ihre Verwendung. Ich muss nicht ans andere Ende der Welt reisen, um Neues zu entdecken.

Wodurch besticht Ihre Art zu kochen?

Ich würde sie als sehr persönlich bezeichnen. Meine Küche ist ein Teil von mir selbst. Im Fall von Argos ist es eine Hommage an die balearische Küche, die ich aber gerne auch mit anderen Einflüssen der mediterranen, aber auch asiatischen und europäischen Küche kombiniere. Es ist eine an Einflüssen sehr reiche Küche. Ich versuche, mich darin auszudrücken und mit den Leuten zu spielen. Ich greife dabei auch auf Küchentechniken zurück, aber ohne zu übertreiben. Es ist ein freier Stil.

Ein guter Chefkoch schart ein Top-Team um sich. Was zeichnet das Ihre aus?

Treue, Konstanz, Freude, Energie und Kraft. Du kannst fachlich super Leute in deinem Team haben, am Ende ist aber entscheidend, dass es auch menschlich passt. Mein Team ist fantastisch, wir vertrauen einander.

Welche Gerichte halten Sie für die nächste Saison in petto?

Dafür ist es noch ein wenig zu früh, wir möchten Ende Februar, Anfang März öffnen. Ein paar Klassiker stehen aber schon fest, etwa das geräucherte Sardinen-Eis.

Was erhoffen Sie sich von der Auszeichnung?

Am meisten werden wir davon profitieren, dass wir jetzt präsenter sind. Es gibt noch Leute in Port de Pollença, die noch nicht wissen, wo sie uns finden können. Unser Konzept und die Preise, mit Menüs zwischen 35 und 90 Euro behalten wir bei.

Worauf kann Mallorca, aus gastronomischer Sicht, stolz sein?

Auf seine gehobene und gleichzeitig traditionelle Küche - etwas, was in einem so touristischen Ort wie der Insel nicht leicht ist.

Wem würden Sie den nächsten Michelin-Stern geben?

Santi Taura und seinem Dins. Er hätte es wegen seiner Ausdauer wirklich verdient.