Was verbindet Toni Ramis, Besitzer des schicken neuen Design­hotels Nakar in Palmas Innenstadt, mit Gabriel Escarrer, Gründer und Präsident der weltweit operierenden Hotelkette Meliá, zu der auch das Gran Meliá de Mar in Illetas gehört? Beide bieten ihren Gästen Restaurants mit mallorquinisch-balearischer Küche. Was sich auf den ersten Blick selbstverständlich anhört, ist es nicht. Zumindest nicht in den großen Hotelketten, die auf internationale Küche setzen, um dem Gusto der Gäste vermeintlich zu entsprechen, und daher nur vereinzelt hiesige Produkte und Gerichte anbieten.

Arrels: Im Garten des Fünf-Sterne-Hotels

Als Marga Coll, die sich mit ihrem Restaurant Miceli in Selva seit der Eröffnung im Jahr 2012 inselweit mit ihren täglich wechselnden Menüs einen guten Ruf erkocht hat, eines Tages vor rund anderthalb Jahren von zufriedenen Gästen nach dem Essen an den Tisch gebeten wurde, dachte sie sich zunächst nichts dabei. Doch es waren Verantwortliche der Meliá-Hotelgruppe (mehr als 300 Häuser in über 30 Ländern) und sie machten der verdutzten Mallorquinerin ein Angebot: ein Restaurant im Gran Meliá de Mar ganz nach und mit ihrem Konzept. Es verging noch ­eine längere Zeit mit Annäherungen und Besprechungen, bis im April dieses Jahres das „Arrels by Marga Coll" mit seiner großen Terrasse direkt am Meer offiziell eröffnete (Baumwurzeln heißen auf Mallorquinisch arrels).

Neben einem Pool- und einem auf internationale Küche ausgerichteten Restaurant ist es das dritte Lokal des Hotels und mit Abstand das ambitionierteste. Man vertraut mit dem Arrels auf die Zugkraft mallorquinischer Speisen. „Die moderne mallorquinische Küche ist in den vergangenen Jahren immer attraktiver geworden - für Einheimische, ausländische Residenten und auch Touristen", sagt Marga Coll. Die zahlreichen Restaurants, die erfolgreich nach diesem Konzept arbeiten, geben Coll recht.

Hinzu kommt die Idee des Degustationsmenüs statt der À-la-carte-Angebote. Auch dies ein Trend, der sich durchgesetzt hat. Lokale wie Santi Taura, Ca Na Toneta oder auch das Miceli von Marga Coll sind der beste Beweis. Im Arrels gibt es - wie im Miceli - eine täglich wechselnde siebengängige sowie eine fünfgängige Menü-Variante (Miceli: 31 und 39 Euro, Arrels: 42 und 49 Euro).

„Mein Lokal in Selva ist täglich voll, ohne Reservierung hat man kaum eine Chance, einen Tisch zu ergattern, und auch im Arrels läuft es schon sehr gut", sagt Marga Coll. Während sie sich für das Miceli von den Produkten auf dem Markt in Inca inspirieren lässt und diese täglich dort einkauft, muss für das Arrels etwas intensiver geplant werden. „Da ich ja nicht täglich dort bin, sondern mein Küchenchef Björn Diezmann, der zuvor mit mir im Miceli gearbeitet hat, nutzen wir teilweise Lieferanten. Allerdings kommen auch für das Arrels viele Produkte vom Markt in Inca, denn zu diesen Standbetreibern habe ich das vollste Vertrauen."

Diezmann und Coll bereiten daraus dann beispielsweise eine coca mit eingelegten Auberginen, Anchovis und Mahón-Käse, gebackenen Seehecht mit ramallet-Tomatensauce, presa (Schulterstück) vom schwarzen Schwein mit tumbet-Gemüse sowie Ensaimada mit Porreres-Aprikosen und Zimteis zum Abschluss.

Hoteldirektor Tito Casasnovas wollte darüber hinaus auch am Morgen noch etwas Einzigartiges bieten. Und so kann man seit Juni auch gleich mit einem wirklich perfekten fünfgängigen Frühstück in den Tag starten. Verarbeitet werden dabei ausschließlich balearische Produkte, größtenteils Bio-Ware.

Die Gäste sollten dafür zwei bis zweieinhalb Stunden Zeit einplanen. Begonnen wird mit verschiedenen Früchten, frisch gepressten Säften und Bio-Joghurt. Als zweiter Gang kommen Käsesorten der Balearen, Wurstwaren von Can Company, hausgemachte Marmeladen, eingelegte Anchovis, Trockenfisch aus Formentera, Butter aus Menorca, Olivenöl und Oliven auf den Tisch.

Beim dritten Gang probiert man sich durch gefüllte oder belegte Teigwaren wie empanadas, cocarrois und cocas. Anschließend wählt man unter drei Eierspeisen (mit Gemüse, mit gebratenem Sobrassada-Würstchen oder mit Trüffeln) und widmet sich nachfolgend verschiedenen süßen Dingen - von Ensaimada bis Kartoffel-Krapfen. Getrunken wird dazu Kaffee, Tee, Wasser und Saft, aber auch - je nach Gang - Sekt, Rot- und Süßwein. Auch diese kommen ausschließlich von hiesigen Bodegas.

Beeindruckend auch die vielen liebevollen Details wie die von Marga Colls Mutter genähte Zungenstoff-Tasche für das vielteilige Besteck. „Ich habe solche Taschen in einem Lokal in New York gesehen und meine Mutter hat sie mallorquinisch gestaltet." Dazu Fliesen für das Gebäck von der Traditionsfirma Huguet aus Campos, handgearbeitete Messer von Can Campins aus Consell oder Metall-Formen aus Porreres. Selbst das hübsche kleine Heft mit den Erklärungen zum Frühstück ist von der Köchin eigenhändig illustriert (Frühstück für 42 Euro, alle halbe Stunde zwischen 8 und 10 Uhr; um Reservierung 48 Stunden zuvor wird gebeten).

Cuit: Über den Dächern von Palma

Auch Miquel Calent arbeitet sehr mallorquinisch. Vor 12 Jahren eröffnete er gemeinsam mit seinem Bruder Joan das Restaurant Ca´n Calent in Campos. Inselweit bekannt ist er auch durch seine Auftritte als Jurymitglied der beliebten IB3-TV-Show „Cuina y guanya". Das Restaurant Cuit (übersetzt: gekocht) im achten Stock des neuen Designhotels Nakar an Palmas Nobel-Einkaufsmeile Jaume III führt er als Pächter von Tomi Ramis, dem Besitzer von Immobilie und Hotel. Man sitzt hier zwar nicht direkt am Meer, aber man kann es sehen - ebenso wie die Kathedrale, die Kreuzkirche (Iglesia de Santa Creu), den Hafen oder das Castell Bellver.

Schon länger dachte Calent an ein zweites Standbein in Palma, und es gab auch viele Möglichkeiten. Doch als er und Toni Ramis sich durch einen gemeinsamen Freund kennenlernten, war die Entscheidung schnell getroffen: „Es gibt keine vergleichbare Restaurant-Lage auf ganz Mallorca, zudem schätzt Toni Ramis meinen Küchenstil und die Idee, ein rein mallorquinisches Restaurant in sein Hotel zu inte­grieren." Mit diesem Konzept liege man ganz im Trend, befindet auch Toni Ramis. „Und wir begeistern damit auch viele mallorquinische Gäste."

Calent beschäftigt sich viel mit der Küchen- und Produkt­geschichte der Insel und gestaltet seine Gerichte traditionell, aber modern verfeinert. Wer es sehr mallorquí mag, wird sich für die ausgelösten Schweinefüßchen mit Mandeln und Trockenfrüchten, die Kutteln oder das frito mit Spanferkel-Innereien begeistern. Aber es gibt hier auch marinierte Foie mit Porreres-Aprikosen und sobrassada, fantastische Bratkartoffeln mit Eigelb und Trüffeln, Tomatensalat mit Pfirsich und Frischkäse, Kabeljau auf Kartoffelcreme mit pebre ros und Auberginen-Sauce, Entrecote mit Trüffeln und fideuà-Nudeln aus xeixa-Teig. Hinzu kommen verschiedene Reisgerichte - eines auch nach Rezept der Großmutter mit Schweine- und Hühnerfleisch, Meeresfrüchten und Gemüse - oder ein fantastischer Nachtisch mit Kuchen aus Johannisbrotmehl auf Bananencreme mit Bananeneis. Die Karte wird auf vielen Positionen und saisonal bedingt alle zwei Wochen gewechselt (Vorspeisen 10-16 Euro, Hauptspeisen 15-20 Euro, Desserts 5-8 Euro).

Vieles wird in der größeren Küche vom Ca´n Calent in Campos vorbereitet. „Aktuell arbeite ich täglich 18 Stunden und pendle zwischen Campos und Palma. Das Wichtigste dabei ist eine gute Planung und Logistik. Ich habe in beiden Küchen zwei perfekte Teams am Start, die ich jeweils

unterstütze."

Das Personal vom Cuit kümmert sich auch um den Frühstücksservice des Hotels und bereitet Snacks für zwischendurch zu. Die gibt es dann am Pool auf der Dachterrasse, einen Stock höher als das Cuit. Dank eines DJ und guter Cocktails entwickelt sich dort oben gerade ein angesagter Treffpunkt für den Freitagabend.