Haben Sie nächsten Mittwoch (16.12.) am Abend ab 22.40 Uhr schon etwas vor? Nein. Dann schalten Sie den Fernseher ein, denn bei Antena 3 läuft das Finale einer der erfolgreichsten spanischen TV-Sendungen. Jede der bislang 14 Folgen rangierte bei den Einschaltquoten ganz oben: „Top Chef". Wer hätte gedacht, dass ein junger Mallorca-Deutscher es dabei so weit bringt? Nachdem 14 andere Kandidaten ausgeschieden sind, kochen nun der Valencianer Alejandro Platero und der Franke Marcel Reß um den Sieg. Auf dem Weg dorthin gab es psychisch wie physisch anstrengende Stationen für den früheren Chefkoch von Simply Fosh. Es war immer anspruchsvoll, mal emotional, humorig, informativ, aber auch konfliktreich. Wir blicken zurück.

Etwas überfordert € war Reß in Folge 3, als es auf Madrids Straßen darum ging, einen Klassiker der spanischen Küche zuzubereiten, Cocido Madrileño (Eintopf mit verschiedenen Fleischsorten, Nudeln und Gemüse). „Das ist definitiv nicht die Art der Küche, die ich koche oder deren Zubereitung ich kenne. Die anderen sind damit quasi aufgewachsen", erzählt Reß. Ähnliches galt auch für andere traditionelle spanische Gerichte à la marmitako (ein baskischer Eintopf mit Bonito). ´Gerettet´ wurde er durch die Tatsache, dass die Probe im Duo ablief und sein Partner Luca Rodi in Madrid wohnt und ein Kenner der dortigen Küche ist.

Lachen € konnte Reß hingegen in Folge 8. Da sollte mit Bier gekocht werden und er meinte mit einem Augenzwinkern: „Wenn ich jetzt kein gutes Gericht mit Bier zubereite, bringt mich mein Vater um." In Marcels Elternhaus wird seit Generationen selbst Bier gebraut und damit auch gekocht.

Nicht erkannt € hat Reß in Folge 9 die ihm zugeteilte „Helferin", denn den verbliebenen sechs Kandidaten wurden bekannte Fernseh­gesichter Spaniens an die Seite gestellt. Diese sollten sogar die ersten 15 Minuten der insgesamt 60-minütigen Probe alleine die Zutaten zusammensuchen und kochen. „Mich hatte die Moderatorin Cristina Pedroche gewählt. Eine wunderschöne Frau, die mit dem Drei-Sterne-Koch David Muñoz zusammen ist. Ich kannte sie allerdings nicht, weil ich - ehrlich gesagt - nur selten spanisches Fernsehen schaue oder Klatschzeitschriften lese." Es wurde eine Katastrophe, denn während die anderen Prominenten ihren jeweiligen Köchen wenigstens ein wenig zuarbeiten konnten, ist Pedroche auf diesem Gebiet trotz ihres kochenden Freundes vollkommen ahnungslos. Schon Marcels ´Einkaufsliste´ stellte sie vor das Problem: Was ist Thymian? Juror Paco Roncero half ihr galant aus der Bredouille.

Ganz schön heiß € wurde es Reß in Folge 10. Da ging es auf eine Hochebene in La Mancha, wo man wie Don Quijote auf freiem Feld zwischen Mühlen eine Kochprobe absolvieren musste. „Es war unglaublich heiß. Uns Kandidaten, der Jury und dem Team lief der Schweiß in Strömen von der Stirn, und ich hab mir meinen Nacken verbrannt."

Fast rausgeflogen € wäre Reß in Folge 10. Die verlorene letzte Kochprobe sah ein Getreideprodukt als Schwerpunkt vor. Marcels Idee kam gut an. Es sollte Perlgraupen­risotto mit Apfel, Staudensellerie und Trüffel geben, doch die Perlgraupen wurden nicht weich. „Ich stand als Letzter vor der Jury, hatte schon mit Top Chef abgeschlossen und fand es auch gar nicht so schlimm. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte ich einen Durchhänger und eigentlich keine Lust mehr." Doch ein geheimnisvoller Zettel, den Jurypräsident Alberto Chicote im Vorfeld für alle sichtbar zur Verwahrung gegeben hatte, bewahrte Reß vor dem Rauswurf. Es war die Anweisung, dass in dieser Folge kein Kandidat ausscheiden würde €

Sehr emotional € wurde es für Reß in Folge 12, als es darum ging, welcher der vier Kandidaten als Erster ins Halbfinale einzog. Als große Überraschung kamen die Mütter der Kandidaten, mit denen sie anschließend zusammen kochen mussten: albóndigas (Hackfleischbällchen). Die Wärme, mit der er seine Mutter Angelika behandelte, nachdem die beiden auf Grund der Entscheidung des Mitstreiters Alejandro eine ungleich schwierigere Ausgangsposition hatten, brachte ihm viel Sympathie im Netz ein. Man sah und hörte, wie es ihm letztlich nicht mehr um den Sieg, sondern nur noch um das Wohl seiner Mutter ging, die zum einen gehbehindert ist und zum anderen auch mit der fremden Sprache zu kämpfen hatte. Der ´böse´ Mitstreiter aber, der das Mutter-Sohn-Duo sabotierte, musste viele böse Kommentare in den sozialen Netzwerken über sich ergehen lassen.

„So schlimm diese Folge auch war, so hatte sie doch einen Effekt: Mein Kampfgeist war wieder geweckt. Ich war aus meinem Tief wieder draußen und wollte es nun allen, speziell auch Alejandro, zeigen - und gewinnen," sagt Reß.

Seine ohnehin große Fangemeinde wuchs nach dieser Sendung nochmals an. Aktuell hat er beispielsweise bei Facebook und auch bei Twitter (@MarcelTopChef) mehr Anhänger als seine Konkurrenten, Tendenz steigend. „Ich werde auf der Straße erkannt, es haben sich schon Fanclubs gegründet und ich bekomme sogar Geschenke und Liebesbriefe", erzählt Reß, den diese Welle der Begeisterung fasziniert. Sie alle werden dabei sein, wenn am Mittwoch „Spaniens bester Koch" gekürt wird, wie Jurymitglied Alberto Chicote es zu Beginn jeder Sendung ausdrückt. Drücken wir die Daumen!