Fernando P. Arellano (37) gilt vielen als bester Koch der Insel. Jetzt hat er es gewissermaßen offiziell: Am vergangenen Mittwoch (25.11.) bekam er für sein Res­taurant Zaranda im Luxushotel Castell Son Claret des deutschen Unternehmers Klaus-Michael Kühne einen zweiten Michelin-Stern. Das Zaranda, bis zum 12. Februar in Winterpause, ist damit das einzige Zwei-Sterne-Restaurant der Insel (bis vor einigen Jahren hatte auch das mittlerweile geschlossene Luxushotel Castell Son Clareteinen zweiten Michelin-SternTristán

Seit wann denken Sie an den zweiten Stern?

Das begann einen Tag, nachdem ich den ersten Stern im Guide Michelin 2007 bekommen hatte.

Eigentlich bleiben die Michelin-Tester anonym, aber es heißt, manche kenne man.

Ich bin jetzt seit fast zwanzig Jahren Koch, habe vor meinem eigenen Lokal auch in Sterne-Lokalen gearbeitet - irgendwann hat man ein Näschen für Tester. Natürlich vertue ich mich dabei auch, aber meist trügt mein Gefühl nicht. Viele kennt man, einige nicht. Darunter sind ja nicht nur Spanier, sondern auch Engländer und Franzosen. Manche geben sich anschließend zu erkennen und reden mit dir. Andere essen, bezahlen und gehen wieder. Doch letztlich muss man auf unserem Niveau für alle Gäste kochen, als ob sie Tester wären.

Wie lief es denn dieses Jahr ab?

Da kamen gleich mehrere Male Tester, was nur eines bedeuten kann: Sie waren zufrieden. Wenn es um einen weiteren Stern geht, verifiziert Michelin die Qualität noch gründlicher. Immerhin gibt es zwar 150 Ein-Sterne-Köche in Spanien, aber nur 20 mit zwei Sternen und sogar nur acht mit drei Sternen. Da muss man schon sicher sein als Gastroführer.

Sie waren bei der Verkündung in Santiago de Compostela dabei.

Eigentlich war ein zweiwöchiger Urlaub in Südafrika geplant, aber dann kam die Einladung von Michelin - zum ersten Mal. Das und die Tatsache, dass in diesem Jahr sehr viele Tester da waren, ließ dann doch auf einen zweiten Stern hoffen. Zumal im Normalfall in den vergangenen Jahren nur Zwei- und Drei-Sterne-Köche eingeladen waren. Also gönnte ich mir nur ein paar Urlaubstage. Dabei zu sein, war mir wichtig.

Auf den Fotos sah man auch ihre Crew.

Ja, ich dachte mir, wenn es wirklich passiert, dann sollte das Team dabei sein. Ohne eine gute Crew ist ein Chefkoch nichts. Es sind auch ihre Sterne. Also lud ich sie zu einem kleinen Trip ein. Sie wussten zunächst nicht wirklich, wohin es ging. Doch dann, ich war schon unterwegs, bekam ich mit, dass in diesem Jahr viele Ein-Sterne-Köche und sogar Nicht-Sterneköche eingeladen waren. Das hat mich dann doch nervös gemacht.

Wann wussten Sie, dass sie den Stern bekommen?

Am Vorabend hat das Michelin-Komitee mit mir gesprochen. Beim gemeinsamen Mittagessen am Verleihungstag verkündete ich es dann meiner Crew - es war ein sehr emotionaler und gefühlsreicher Moment. Wir sind wie eine Familie.

Sind sie als Chef eher ein netter Bruder oder ein strenger Vater?

Ich bin kein Kumpel-Chef, stehe meinen Mitarbeitern aber doch sehr nahe. ­Teilweise arbeiten wir schon seit Jahren zusammen.

Was gab Ihrer Meinung nach den Ausschlag für den zweiten Stern?

Neben der Kreativität, nehme ich an, vor allem die Perfektion und die Klarheit, mit der die Gerichte auf den Tisch kommen. Bei mir wird nichts dem Zufall überlassen. Das ist eine große Anspannung, aber auch befriedigend, wenn es klappt.

Wie fühlen Sie sich jetzt?

Erleichtert. Frei. Denn wir haben Jahre auf diesen Erfolg hingearbeitet. Und jedes Jahr Ende November gab es die Hoffnung, die sich dann wieder zerschlug. Ich hab mich stark unter Druck gesetzt, das war richtiger Psycho-Stress, fast eine Art Zwangsvorstellung. Man versteht nicht, warum all die Leistung nicht anerkannt wird. Nun aber kann ich aufatmen. Ich denke zwar schon jetzt an den dritten Stern, aber das ist nicht verbunden mit dem Zwang, ihn zu bekommen. Er wäre quasi wie eine Art zusätzliches Bonbon. Und mein Leben ohne den Druck ist mir wichtiger. Meine Frau, meine Kinder, meine Hobbys - dafür muss immer Zeit bleiben.

Wird sich im Zaranda etwas mit dem zweiten Stern verändern?

Wir haben die Auszeichnung ja für das bekommen, was wir machen, insofern gibt es erst einmal keinen zwingenden Grund, alles zu ändern. Kochen ist zudem ein kreativer Prozess, der sich nicht kontrollieren oder festlegen lässt. Weder von der Idee her, noch von der Umsetzung.

Wie lange dauert es, bis Sie ein neues Gericht kreiert haben?

Auf unserem Niveau können da schon mal Monate vergehen. Hier in meinem Handy sind jede Menge Gedanken und Ideen zu Geschmack, Konzepten, Präsentation und Zutaten. Vieles bleibt reines Gedankenspiel, anderes wird Realität. Dann stellt man alles zusammen, probiert aus, experimentiert und macht Testessen. Aber erst, wenn ein Gericht wirklich auf die Karte gesetzt wird und sich im Alltag bewähren muss, sieht man weitere Probleme, etwa wie viele Handgriffe pro Teller

nötig sind ?

Erwarten denn die Gäste nicht ständig neue Gerichte - speziell in Ihrer Kategorie?

Zu mir kommen die Leute nicht so oft, was natürlich auch am Geld liegt, vor allem aber daran, dass ein Sternelokal etwas Besonderes ist, wo man eher an speziellen Tagen hingeht. Deshalb muss man auch nicht - wie in Lokalen, die häufiger besucht werden - so regelmäßig die Menüs wechseln. Es gibt auch viele Sterne-Reisende, die kommen nur einmal. Und jetzt werden natürlich viele neugierige neue Gäste

hinzukommen.

Wären Sie eigentlich selbst ein guter Gast im Zaranda?

Ehrlich gesagt: Nein. Ins Olivera hingegen (das legerere Zweitlokal des Castell Son Claret, Anm. d. Red.) könnte ich jede Woche essen gehen. Als Profikoch bin ich natürlich viel in anderen Sternelokalen und sehe mir an, was die anderen so machen. Als Mensch Fernando liebe ich es eher informell. Ein gutes Stück Fleisch, ein schöner Fisch, ein Reisgericht. Mehr verlange ich gar nicht. Wenn ich privat Essen gehe, dann möchte ich mich wohlfühlen und nicht bei jedem Gericht denken müssen, wie der Koch das gemacht hat, welche Zutaten er benutzt, wie ich es machen würde. Nein. Privat will ich einfach nur genießen und nicht an Kochtechniken denken.

Hat der zweite Stern auch finanzielle Folgen?

Ehrlich gesagt - jetzt mit 37 denke ich zum ersten Mal auch übers Finanzielle nach. Ich kenne etliche tolle Köche, die 50 sind und älter und letztlich nichts für ihr Alter zurücklegen konnten, denn mit Sternelokalen allein macht man keinen Gewinn. Den macht man mit seinem „Ruhm", den man in klingende Münze verwandeln kann. Allein mit einer Fernsehsendung würde ich mehr verdienen als in einem Monat harter Arbeit im Zaranda.

Doppelbesternt

Zaranda (im Hotel Castell Son Claret) macht am 12. Februar wieder auf. Ctra. Es Capdellà-Galilea km 1,7, Es Capdellà. www.zaranda.es