Die mexikanische Küche ist eine der raffiniertesten der Welt und wird von der Unesco gar als Weltkulturerbe anerkannt. In Europa aber bekommt man von ihr häufig nur einen billigen Abklatsch serviert. Mit dem neuen Coyoacán, ums Eck der Klinik Palmaplanas im Norden der Inselhauptstadt, ist ein wenig Besserung in Sicht. Dafür bürgt zunächst einmal die mexikanische Nationalität des Kochs und Mitbesitzers Ricardo López (44). Denn: Authentisches mexikanisches Essen und Trinken hat relativ wenig mit dem sogenannten Tex-Mex-Food zu tun. Andrés Juan (36), der zweite Besitzer, schüttelt sich: „Da serviert man Klischees und viele Fertigspeisen, zudem stammt dieser Stil aus den USA. Die originale mexikanische Küche ist ganz anders."

Im Coyoacán, einem einfachen, aber nichtsdestotrotz sehr einladenden Lokal, werden die Tortillas noch aus Maismehl gebacken, die Saucen mit geheimen Gewürzen selbst angerührt und alles frisch zubereitet. „Meine Oma würde aus ihrem Grab steigen und mich heftig bestrafen, wenn ich die Rezepte verrate", so López, als er Nachfragen nach Zutaten lächelnd, aber bestimmt ablehnt. „Viele Rezepte kommen aus meiner Familie, die sind geheim. Andere sind mexikanische Klassiker."

So wie Huhn in Schokoladen-Chilisauce (mole poblano) mit Reis oder in Orangensaft marinierte und gebratene Spanferkelstücke mit schwarzen Bohnen (frijoles), was vorrangig im Süden der Halbinsel gegessen wird. Ein stärkendes Maissüppchen im Aztekenstil, ein Garnelencocktail mit Koriander zuvor, etwas Kürbis in Orangensud mit Zimt und Nelken danach – und fertig ist ein Beispiel für das fünfteilige Degustationsmenü, was es Freitag, Samstag und Sonntag am Mittag für 15 Euro gibt. An den anderen Tagen serviert man ein dreigängiges menú del día für 9 Euro, wobei es natürlich auch À-la-carte-Gerichte gibt.

„Apropos: keine Sorge – wir Mexikaner lieben es zwar scharf, aber nicht in den Speisen, sondern extra zum Abschmecken", beruhigt López. Und so kommt die höllisch scharfe Chilisauce in einem gesonderten Schälchen. Dazu schmecken vor allem mexikanisches Bier und Tequila, die in verschiedenen Varianten angeboten werden – probieren Sie mal einen tequila reposado, einen besonders lange gereiften Agavenschnaps – mit billigem Partyfusel hat das rein gar nichts mehr zu tun.

Benannt ist das Lokal nach Ricardos Heimat, einem bekannten Stadtviertel in Mexiko-City, wo Künstler und Intellektuelle wohnen und es viele Restaurants gibt. „Bei mir in der Straße hat übrigens Anfang des vergangenen Jahrhunderts Frida Kahlo gelebt, erzählt López stolz. „Ihr Geburtshaus, die Casa Azul, ist heute ein Museum." Im Restaurant ist eine Kahlo-Ecke mit Bildern und Fotos der Malerin eingerichtet, wie das Lokal überhaupt mit vielen alten Fotos und Filmszenen dekoriert ist.

Dazu jede Menge Sombreros, ein Holzkaktus im Eingang, bunte Tücher, Masken, Marionetten über der Theke und als besondere Hingucker die rosafarbene „Calavera Catrina", ein aufwendig angezogenes Skelett für den Totenkult an Allerheiligen und Allerseelen sowie eine lebensgroße Pappmaché-Figur vom Revolutionsführer Emiliano Zapata. „Das habe ich alles aus Mexiko hierher gebracht, Zapata lag in einer Art Sarg, das hat die Zollbeamten sehr irritiert, die ihn mehrfach durchleuchteten", erzählt Ricardo López, den es übrigens der Liebe zu einer Mallorquinerin wegen auf der Insel verschlagen hat. Nun schmaucht er auf Mallorca nach getaner Arbeit seine Zigarre und trinkt einen Tequila. Um es ganz stilecht zu formulieren: ¡Que viva México, carajo!

Restaurant Coyoacán, geöffnet Di - So 13 - 15.45 Uhr, 20 - 23.30 Uhr, C/. Joan Mascaró i Fornés, 6 (früher Coronel Beorlegui), Palma, Tel.: 971-25 38 96, www.coyoacan.es