Manchmal hat man nicht das Bedürfnis nach gestärkten weißen Decken, edlem Ambiente und Haute Cuisine. Manchmal will man einfach nett und leger sitzen, zu Füßen den Hund des Lokals, und mit der Wirtin ein nettes Schwätzchen halten. Gut, dass die dann auch noch lecker kochen kann. All das findet man in Campos am „Platz der drei Mühlen", die allesamt nicht mehr existieren. Dort liegt das Bar-Restaurant Lucia Murphy von Ruth Dieck (51) und ihrem Mann Patrick Gerard „Gerry" O´Grady (54), einem waschechten Iren. Die beiden schmeißen den Laden samt netter Kellnerin und Küchenhilfe und haben dabei viel Spaß. Den sie mit ihren Gästen teilen.

Das Lokal mit seiner Terrasse mitten auf dem hübschen Platz und den verschiedenen Räumen ist ein bunter Mix im wahrsten Sinne, denn Dieck kocht nicht nur, sondern malt auch - und das so gut, dass „ich damit eigentlich mehr Geld verdiene als mit der Gastronomie", wie sie erzählt.„Aber beides gefällt mir." Dementsprechend ist ein Großteil der Wände mit ihren Werken bestückt, die natürlich auch käuflich zu erwerben sind. Außerdem gibt es viele Bilder von berühmten Iren samt ihren besten Sprüchen sowie unzählige alte Kinokarten mit kleinen Filmbildchen.

Mal sitzt man auf einer ausrangierten Kino-Holzbank an einem alten Bäckertisch, mal an ehemaligen Spieltischen, wo sich einst Kartenrunden versammelten. „Da haben wir nur die gepolsterte Tischmitte ersetzt, sonst kann man daran ja nicht essen", so Dieck, die alles mit ihrem Mann gefunden, umgebaut, restauriert und gestrichen hat. Die Theke, die die offene kleine Küche von dem Rest des Raums trennt, fand Dieck in einer alten Bar - mit der gläsernen Vitrine, die heute die Tapas beherbergt und der alten integrierten Kasse, „die sogar noch funktioniert."

Im Nebenraum steht ihr Gatte, ein ehemaliger Bauunternehmer, an der Bar-Theke. In ihrem Heimatort Mönchengladbach hat sie ihn vor 25 Jahren kennengelernt. „Er liebt das Kneipenleben - wie alle Iren", lacht Dieck. Zum Wohle seiner Kunden zapft er echtes Guinness („Unser Lieferant war extrem erstaunt, dass man in Campos so viel Guinness verkaufen kann", so Gerry) und Kennern tischt er auch mal besten irischen Whisky auf. „Den mögen unsere Mallorquiner", meint Dieck, die einst Kunst und Sozialpädagogik studierte hat, mit Mann und Tochter vor 23 Jahren nach Mallorca kam und früher auch schon Hotels, Galerien und Lokale führte.

Das Restaurant ist zum Glück keine deutsche Enklave: Hier treffen sich die Nachbarn aus Campos. Wenn sich dazu Touristen gesellen,

werden diese meist schnell integriert. „Aber wir verstehen uns vorrangig als Nachbarschaftskneipe mit guter Küche", erzählt Dieck. „Ich mag meine Campos-Leute. Irgendwie wollte ich immer hier hin. Die sind uns Niederrheinländern ziemlich ähnlich: listige Bauern, sehr menschlich und ein bisschen derb-charmant."

Musik spielt ebenfalls eine große Rolle im Leben des lebenslustigen Paars. Es gibt Live-Konzerte, ab und an mal einen Tanzabend, wenn die Mädels des Hauses darauf Lust verspüren, und man macht bei allen geselligen Ak­tionen in Campos mit - wie dem Bierfest, den Tapas-Routen oder der Kunstnacht am Freitag (2.8.). Auf dem Platz vor der Taverne findet samstags - parallel zum Wochenmarkt - auch ein kleiner Kunstmarkt statt, oft ebenfalls mit Live-Musik. Klar, dass im Lokal währenddessen oder anschließend gegessen und getrunken wird. Hier fühlt sich die Szene unter Gleichgesinnten wohl.

Gegessen wird, was Dieck kocht - das sind im Sommer vor allem täglich wechselnde Tapas oder Vorspeisen wie die leckeren Kichererbsen mit Tintenfisch (Achtung: scharf!, 7,50 und 14 Euro je nach Größe). Außerdem gibt es Pasta-Gerichte mit zum Teil selbstgemachten Nudeln wie Tagliatelle Carbonara, ­Spaghetti Puttanesca oder Spaghetti mit Trüffel aus dem Parmesanlaib sowie etliche vegetarische Variationen (von 4,50 Euro für die großzügig bemessene halbe Portionen bis 17,50 Euro für die teuerste Variante). Zudem serviert die Köchin Salate wie Napoli (mit Nüssen, Apfel und Tomaten) oder Gamberetti (mit Garnelen, Gurke und Mais) für 4,20-14 Euro. Sogar Paella, Fondue oder Hummer kann man im Lucia Murphy bekommen, allerdings nur auf Vorbestellung.

Die Fokussierung auf italienische Küche ist, wie auch der Name des Lokals, eine Hommage an eine Vorfahrin: „Zum einen schmeckt italienisches Essen einfach super, und zum anderen gibt´s einen Vorfahren von ­Gerry, der im 19. Jahrhundert eine Italienerin heiratete, die sehr gut kochen konnte und beste Pasta­saucen machte. Ein Rezeptbuch von ihr ist irgendwann mal entdeckt worden und wird seitdem in der Familie weitergereicht."

Ab in die KneipeTaverne Lucia Murphy, geöffnet Di-So ab 18 Uhr, Do-Sa auch 12-15 Uhr (ab Herbst auch Di+Mi mittags). Plaça Tres Molins, 4, Campos. Tel.: 971-16 03 95, Facebook: Lucia Murphy