Es sieht aus wie ein schwarzes Ei, ist aber keines. Genauso wenig wie die an Eiweiß erinnernde weiße Creme darunter Eiweiß ist. Und die schwarzen Kügelchen kein Kaviar. Einzig der Tintenfisch ist Tintenfisch, das herausquellende ­Eigelb ist echt, und der Reis ist Reis, wenn auch in Form von knusprig gepufften Venere-Körnern. Der Kopf hinter dieser Kreation ist Fernando P. Arellano, der am Samstag (25.5.) seinen

35. Geburtstag feiert. Arellano ist ein Künstler, der voller Leidenschaft und Kreativität seine Menüs entwirft und damit Feinschmecker überrascht und begeistert. Zu Recht bekommt er dafür seit Jahren von der Michelin-Redaktion den begehrten Stern zuerkannt. Im vergangenen Winter hat er seine Koffer gepackt und ist umgezogen, vom Fünf-Sterne-Hotel Hilton bei Llucmajor ins neue Fünf-Sterne-Landgut Castell Son Claret bei Es Capdellà - und alle Mitarbeiter zogen mit ihm in das 38-Zimmer-Luxusrefugium, das von Unternehmer Klaus-Michael Kühne in ein historisches Anwesen aus dem 15. Jahrhundert integriert wurde. Das Hotel liegt inmitten einer großen Gartenanlage am ­Rande des Tramuntana-Gebirges.

Die Genießer erwartet gar Köstliches - auch für die Augen, denn Arellano legt viel Wert auf perfekte Ästhetik beim Anrichten seiner ungewöhnlichen Menü-Gänge. Das gilt auch für Ambiente und Einrichtung, ebenfalls vom Meister selbst ersonnen. Da hat die Keramikfirma Sa Teulera aus Llucmajor eigens Teller kreiert (wie beispielsweise den dunkelgrauen für das schwarze „Ei"), während das maßgefertigte Glasgeschirr und die Deko-Elemente von Lafiore stammen. Ein Kunsttischler steuerte Holzteller bei, und von der Künstlerin Agueda Gaya stammen nicht nur diverse Plastiken im Haus (etwa verschiedene Metall-Taschen), sondern auch die Tisch­skulpturen - alle mit dem namensgebenden Sieb (zaranda) und jeweils einem anderen mediterran-mallorquinischen Element (Weinrebe, Zitrone, Oliven usw.). Vom eleganten Innenraum blickt man durch sechs längliche Mauerdurchbrüche in die Küche und sieht Arellano samt Team vor dekorativer Mauer-­Tapete werkeln.

Arellano, der Koch wurde, weil ihm mit 17 die weiße Kochuniform so gut gefiel und ihn dann auch noch die Leidenschaft packte, ist viel herum­gekommen. Er hat bei einigen der Besten seiner Zunft gelernt und spricht heute mit seiner internationalen Crew Spanisch, Französisch, Englisch und Italienisch. Der nun bald 35-Jährige entscheidet jedes Detail vom Einkauf bis zum Anrichten seiner Gerichte selbst - er ist ein Perfektionist und Zauberer, der oft ungewöhnliche und arbeitsintensive Wege geht, die „der Gast nicht wirklich sieht - Hauptsache es schmeckt".

Allein das schwarze „Ei": Dafür fertigt er eine Masse aus Jakobs­muschel, Tintenfisch und Tinten­brühe, rollt diese hauchdünn aus, umhüllt damit ein wenig Tintenfisch-Ragout und ein rohes Eigelb und lässt die Päckchen dann köcheln. Als Beilage werden in Tintenfisch­tinte aromatisierte Tapioka-Perlen und eine Zwiebelcreme gereicht.

Fast überflüssig zu erwähnen, dass auch die anderen Gerichte weitaus mehr kochtechnische Erfahrung und Kniffe benötigen, als man auf den ersten Blick erkennt. So nutzt er für den Fischgang „Muräne mit knuspriger Haut auf Sardinen-Sauce und Rotkohl" gleich zwei Exemplare des Knochenfischs: Für das Filet muss eine Muräne bei bestimmter Temperatur erhitzt und geräuchert werden, wodurch die Haut ungenießbar wird. Daher nimmt er eine zweite, bei der die Temperatur exakt auf die Konsistenz der Haut abgestimmt ist, was wiederum das Fleisch „zerstört". „Die Muräne ist ein eher günstiger Fisch, da kann man so etwas machen", meint Arellano, der die Komplexität seiner Gerichte als natürliche Folge des anspruchsvollen Kochens ansieht. „Trotzdem steht bei mir das Produkt immer im Vordergrund."

Für Traditionalisten ist er sicherlich ein Avantgardist, für Avantgardisten aber sicherlich nicht avantgardistisch genug. Fest steht: Er nutzt elaborierte Techniken und erfindet eigene hinzu. Und er feiert das Essen. „Zu mir kommt man nicht täglich, daher müssen wir ein Erlebnis schaffen, ein kulinarisches Abenteuer für Entdecker."

Das gelingt ihm mit zwei Menüs pro Abend, eines mit sechs Gängen für 100 Euro, eines mit neun Gängen für 125 Euro - beide sind mit diversen Extragängen angereichert. Für zusätzliche 55 bzw. 60 Euro serviert Sommelier Sebastián Longo dazu passende Weine. Apropos: Die Weinkarte ist überaus umfangreich, hervorragend zusammengestellt und besonders in Bezug auf mallorquinische Weine exquisit. Wer sich an Arellanos Küche herantasten will, dem steht auch das ebenfalls von ihm betreute Zweit­lokal des Hotels, Olivera, offen - mit klassisch-mediterraner À-la-carte-Küche.

Zaranda: geöffnet Di-Sa 19-22.30 Uhr; Olivera: geöffnet täglich 13-16 und 19-22.30 Uhr.

Beide im Hotel Castell

Son Claret, Ctra. Es Capdellà-Galilea km 1,7. Tel.: 971-13 86 29, www.zaranda.es