Bei der Eröffnung Ende Dezember war es Liebe auf den ersten Blick - sowohl für die Autorin als auch für viele Gäste. So schön, so abwechslungsreich, so anders: die Rede ist vom „Patrón Lunares", dem aktuellen Restaurant-Liebling der Palmesaner. Nach drei Monaten kommt die Liebe auf den Prüfstand. Entspricht die Qualität der Gerichte dem attraktiven äußeren Schein? Um die Antwort vorweg zu nehmen: Ja.

Mittags am Rand des Santa Catalina-Viertels. Alle Tische sind besetzt, auf manchen steht statt einem „Reservado"-Schildchen ein Mini-Delfin. Die Gäste sind vorrangig Einheimische, aber „es kommen auch viele Deutsche, Engländer und Skandinavier", wie Javier Bonet (42) erzählt. Mit 16 Jahren fing er als Kellner an (und war als solcher auch bei deutschen Koryphäen wie Sterne­koch Heinz Winkler beschäftigt), arbeitete sich hoch, baute ein Catering-Unternehmen auf, entwickelt heute Gastro-Konzepte, war und ist Teilhaber eigener Lokale und hat nun gemeinsam mit Oliver Torrents und zehn anderen „stillen" Partnern einen lange gehegten Traum verwirklicht: Seinem Großvater, einem Fischer namens Miguel Bonet Oliver zu Ehren ein Restaurant zu eröffnen.

Daher auch der Name: Bonets Vorfahre war im Viertel wegen seiner auffälligen Leberflecke unter dem Spitznamen Patrón Lunares (Kapitän Leberfleck) bekannt. Gleichzeitig wollte der Enkel auch ein Denkmal für die Catalineros, die Bewohner des Viertels, setzen: Vornehmlich Arbeiter, die wie sein Großvater als Fischer, aber auch als Arbeiter in den Schuh-, Stoff- und Eisenfabriken arbeiteten, die früher in Santa Catalina ansässig waren.

Auch der Ort selbst ist emblematisch, denn das Lokal fungierte einst als Treffpunkt der 1894 gegründeten Vereinigung „Montepío de Previsión del Arrabal", eine Art Sozialkasse der Viertelbewohner. Obwohl sich die Räumlichkeiten unter neuer Ägide stark verändert haben und nur noch die alten Eisensäulen („Die wurden damals von einer Fabrik aus dem Viertel gemacht"), der Schachbrettboden, die ehemalige hohe Bar und der Eingang geblieben sind, so wirkt das Ganze nicht modern-fremd, sondern auf eine eigentümliche Art bekannt und vertraut. Das liegt auch an den maritimen Deko-Objekten aus alten Zeiten, wie die Boots-Lampen, mit denen früher Garnelen beim nächtlichen Fischen angelockt wurden, oder den zu Lampenschirmen umfunktionierten Tintenfischnetzen.

Viele Teile wurden auf Flohmärkten gefunden, andere kamen als Geschenk, manche Gegenstände wie der große Holzglobus stammen aus Familienbesitz. Das passt zum Konzept: „Das Lokal kombiniert eine Hommage an vergangene Zeiten mit dem Komfort von heute", so Bonet. Das größte verbindende „Detail" zwischen Gestern und Heute sind die acht mannshohen, von Joan Chito (www.joanchito.com) gemalten Bilder. Sie zeigen zwei von Bonets Partnern und deren Großväter, den Künstler selbst sowie Bonet, seinen Opa alias Patrón Lunares und seinen Vater, der anfänglich als Bootsmechaniker und Fischer arbeitete, sich dann aber in eine Metzgerin vom Santa Catalina-Markt verliebte und umsattelte. „Daher ist mein Vater auch mit einem Kaninchen und einer Languste im Arm porträtiert worden", so Bonet. Dies alles ergibt ein faszinierendes Ambiente, in dem es viel zu entdecken gibt - oder wie Bonet es ausdrückt: „Das Lokal birgt 1.000 kleine Geschichten."

Ebenfalls neu im fast schon avantgardistischen Look, gleichzeitig aber auch traditionell im Geschmack sind die Gerichte. Sie sind teils spanisch, teils südamerikanisch inspiriert - denn dorthin wanderten die Fischer des Viertels in früheren Jahren oft aus. So fertigt der peruanische Koch Jorge ein superbes Ceviche aus seiner Heimat (11 Euro). Originell sind auch die Kalmar-Rakete (frittierte Kalmar-Ringe, die über ein raketenförmiges Gestell gestülpt sind, 11 Euro) oder die Guacamole. Deren Zutaten werden in einen großen Mörser und zusammen mit Nachos serviert (9 Euro) - der Gast stampft sich dann selbst den Avocadobrei, frischer geht es kaum.

Einen Schwerpunkt bilden Meeresfrüchte und Fischgerichte wie der negrito (kleiner schwarzer Dornhai) oder der pez mantequilla (Butterfisch) - sonst selten in Lokalen zu finden. Gäste-Favorit ist auch der üppig belegte Burger (11 Euro) mit saftigem Öko-Angus-Rindfleisch der hiesigen Finca Son Mayol und knusprigen Burger­brötchen, die von einem Bäcker aus Barcelona hergestellt werden, der sie mit Dunkelbier backt. Dazu einen Daiquiri Patrón, auf Kapitän Leberfleck.

Tolle Kantine

Patrón Lunares Cantina, geöffnet Di-Sa 9-24 Uhr, So 12-18 Uhr. C/. Fábrica, 30, Palma. Tel.: 971-57 71 54, Facebook: Patrón Lunares, www.patronlunares.com