So viele Spargel auf einmal hatte Alfredo Cerro an einem Morgen noch nie gesammelt. Grund genug für den Leiter des Altenzentrums in Felanitx, seine Frau zu rufen, die den erfolgreichen Sammler samt seinem spektakulären Fund fotografierte. Die compañeros, mit denen der 66-Jährige sich regelmäßig zum Kartenspielen trifft, schickten das Foto an die Presse. Seither klingelt dauernd das Telefon. Beim MZ-Anruf fragt Cerro als Erstes, ob das Interview denn fürs Fernsehen gedacht sei. Der Rummel um seine Person scheint ihm eher peinlich zu sein, auf seinen wilden Spargel ist er jedoch mächtig stolz.

Außergewöhnlich war nicht nur die große Zahl der Wildspargel (Asparagus acutifolius bot. esparraguera triguera span., esparreguera borda kat.). Sie alle sind extrem hochgewachsen, haben dicke Stangen und prächtige Köpfe gebildet. „Das kommt vom vielen Regen diesen Winter", sagt Cerro, der schon in seiner Kindheit auf Spargelsuche ging. Heute ist der ehemalige Maurer im Ruhestand. Die genauen Standorte, wo der wilde Spargel wächst, will er natürlich nicht verraten. Doch mit ein paar Informationen rückt er dann doch noch heraus.

An den spärlich an Wegesrändern und auf Mauern wachsenden Stauden hält er sich gar nicht erst auf. Auch an den beim Pflügen stehen gelassenen Asparagus am Rand von Feldern werde er selten fündig. Cerro geht in die Wälder, denn der Spargel bevorzugt kühle, sandige Standorte auf Lichtungen. Dort finden die Pflanze die idealen Bedingungen vor: viel Feuchtigkeit im Halbschatten.

Zu erkennen ist sie an ihren kleinen schuppigen dunkelgrünen Scheinblättern, die in Gruppen aus weißlich bis grau gestreiften Zweigen sprießen. Diese wachsen kletternd in die Höhe oder bilden verschlungene Bögen. Die Pflanze zählt zu den widerstandsfähigsten Gewächsen der Inselmacchia, weil sie Nährstoffe in unterirdischen Knollen speichern kann. Diese Vorräte ermöglichen, dass die Staude nach dem Abholzen oder einem Brand rasch wieder austreiben kann.

Aus den Knollen schießen im Frühjahr neue Triebe, sie sind dünner als die weißen oder grünen Gemüsespargel. Die Sprossen schmecken butterzart und stark bitter bis leicht süß, geschält werden sie nicht. Sie verholzen schnell und sind dann für den Verzehr nicht mehr geeignet.

Die Pflanze bildet die Sprossen, um sich zu vermehren. Sie bilden Knospen, die sternenförmig und gelblich grün sind. Werden sie durch Insekten befruchtet, bilden sie kugelrunde Früchte, die unreif grün und reif schwarz sind. Sie enthalten harte Samen, die in Vogelmägen fermentieren und durch deren Ausscheidungen weit fortgetragen werden können.

„Für Menschen sind die Samen unbekömmlich", sagt Joan des ses Herbes, der sich ausschließlich von Rohkost selbst gesammelter Pflanzen ernährt (die MZ berichtete). Wenn er auf zehn Spargelsprossen trifft, pflückt er nur fünf, damit sich die Pflanze ungestört vermehren kann. Er empfiehlt, mit Handschuhen und Schere oder Messer auf die Suche zu gehen. „Ausreißen sollte man die Spargel nicht", meint er. Das Sammeln lohne sich, denn Wildspargel enthalte viele Vitamine und wirke harntreibend. Der Kräutersammler warnt jedoch davor, sie täglich zu verzehren, das könnte die Nieren zu sehr stressen.

Wohl auch deshalb verschenkte Cerro an dem Morgen nach dem Foto die Spargel an seine Familie und Freunde. Das wird noch eine Weile so weiter gehen, denn die Saison hat gerade erst begonnen und wird bis Ende April, Anfang Mai dauern. Und Cerro weiß, wo er zu finden ist.