Es ist eine Idee, die auf den Balearen nur die Mallorquiner hatten. „Die Leute hier haben schon um 1800 herum aus der Not heraus ihre eigene Pasta gemacht", sagt Joan Rosselló, einer der beiden Besitzer von Galletes Rossellons in Porreres. Hartweizengrieß, Wasser, eine einfache Presse und Zeit, mehr braucht es im Grunde nicht, um fideos - Nudeln und Suppennudeln - herzustellen. „Früher gab es in fast jedem Dorf eine kleine Pastafabrik. Der Begriff fideuer kursiert bis heute in ­mallorquinischen Familien", sagt der 56-Jährige.

Tatsächlich haben viele Mallorquiner noch eine alte Nudelmaschine zu Hause. Rosselló zeigt auf eine, die in seinem Büro auf einem Hocker steht. Für eine TV-Sendung über Nachkriegsrezepte hat er einmal damit fideos gemacht. „Das war eine Heidenarbeit, weil der Teig so hart ist", sagt er lachend. Auch deshalb mache kaum jemand mehr auf der Insel seine Pasta selbst. Galletes Rossellons ist seit Jahren die einzige Firma, die noch mallorquinische Nudeln herstellt.

Dabei hatten er und sein Bruder Toni sich mit ihrem Betrieb eigentlich auf galletes d´oli spezialisiert, die inseltypischen Kekse aus Ölteig. Dass die Rossellós 2002 ins Nudelgewerbe einstiegen, ist der Hartnäckigkeit zweier anderer Brüder zu verdanken: den Mestre aus Sa Torre. Sie waren damals die Letzten, die noch größere Mengen fideos herstellten - mithilfe einer damals etwa 60 Jahre alten Maschine. Niemand aus ihrer Familie wollte das Geschäft übernehmen, also traten sie an die Rossellós heran. „Wir hatten Zweifel, weil wir keine Ahnung von Nudeln hatten", sagt Joan Rosselló.

Die Mestres versicherten ihnen, sie zu unterstützen, damit die Tradition der inseleigenen fideos nicht verloren ginge. So übernahmen die Rossellós schließlich die inzwischen mehr als 70 Jahre alte, cremeweiße Maschine und fingen an, Pasta der Marke Bendinat zu produzieren. „Unsere Nudeln sind kein konkurrenzfähiges Produkt, aber der Verkauf ist stabil und steigt sogar jedes Jahr etwas an", sagt Joan Rosselló. Vertrieben wird die Pasta nur auf Mallorca, in sieben verschiedenen Formen der zwei Kategorien fideos und burballes (Bandnudeln).

Die fideos gibt es in den Stärken 4, 2 und 0. Letztere sind besonders fein und heißen deshalb auch cabello de ángel, Engelshaar. Bandnudeln gibt es glatt und gekräuselt. Am besten verkaufen sich die gekräuselten burballes arrissades, sie sind das Paradeprodukt der Pastamarke Bendinat. Auch Joan Rosselló mag sie am liebsten. „Es kling komisch, weil wir denselben Teig für alle Nudeln verwenden, aber sie schmecken nicht gleich", sagt er. Und sie schmecken auch nicht wie italienische Pasta, obwohl die Zutaten dieselben sind. „Manche sagen, dass unsere Nudeln besser sind. Ich sage immer: Sie sind nicht besser oder schlechter, sondern anders", sagt Rosselló.

Das liegt nicht zuletzt daran, dass die Herstellung noch derjenigen der hausgemachten mallorquinischen Pasta gleicht und - bis auf die Arbeit der Maschine - nicht automatisiert ist. „Der Prozess ist nicht kompliziert", sagt Rosselló: Die Maschine mischt Grieß und Wasser zunächst zu einem festen Teig. Die Masse ist bereits so trocken, dass sie sich gerade noch durch die verschiedenen Formen pressen lässt.

Vom Band kommen die Nudeln auf große Bleche, auf denen sie in einem speziellen Raum bei etwa 30 Grad zwei Tage trocknen. „Früher haben die Leute die fideos im oberen Teil des Hauses aufgehängt und sie lufttrocknen lassen", sagt Rosselló. Er vermutet, dass dieser letzte Schritt für den besonderen Geschmack der Pasta verantwortlich sein könnte: Die industrielle Trocknung geht wesentlich schneller.

Bis heute gehören die Nudeln zu bestimmten mallorquinischen Rezepten. Einige davon finden sich auf der Website von Galletes Rossellons: galletesrossellons.com. Sprunghaft steigt die Produktion während der Fiestas in Binissalem an. Das liegt an den fideus de vermar: 90 bis 95 Prozent der Nudeln für das traditionelle Lammgericht zum Weinfest stammen von Galletes Rossellons - mehr als drei Tonnen.

Beim Kochen sollte man sich exakt an die auf der Packung angegebenen Kochzeiten halten: „Wenn man die Nudeln al dente kocht, bleiben sie auch später in der Suppe bissfest", verspricht Joan Rosselló.