Der Winter auf Mallorca kann kalt und nass werden, aber letztlich nicht so kalt, dass hier Trüffel wachsen würden - so denkt man. Denn diese kostbare Pilzart bevorzugt neben dem Standort unter spezifischen Bäumen auch Kälte bis zu 15 Grad Minus. Doch Jaime Roselló und sein gleichnamiger Sohn belehren uns eines Besseren. Der Sohn war eigentlich ein professioneller und erfolgreicher Stierkämpfer zu Pferd (rejoneador), aber die Liebe zu einer Frau, die den Stierkampf ablehnt, und der Rückgang an corridas führten dazu, dass er diesen Beruf vor zwei Jahren an den Nagel hängte und sich dem väterlichen Trüffel-Business anschloss.

Wenn die beiden mit ihren Hunden ausschwärmen - der Senior meist am frühen Morgen, der Junior eher am späten Nachmittag - kehren sie selten ohne reichhaltige Beute zurück. Die beiden finden die schwarzen Tuber melanosporum (auch bekannt als Perigord-Trüffel) und Tuber aestivum (Sommer-Trüffel) - und zwar in Größen von 300 bis 500 Gramm pro Stück. Eine weitere, weiße Sorte ist von der Qualität her nicht so gut und zu klein, eignet sich aber für die zweite Geschäftsidee der Rosellós: Paté, Sobrassada und Camaiot mit Trüffeln sowie Trüffelöl zu vermarkten. Die Herstellung der Wurstwaren übernimmt die Traditionsfirma Ca´n Matarino in Sóller, die diese Produkte ebenso wie das Öl (erst ab Mitte März erhältlich) auch verkauft.

Angefangen hat das Trüffel­geschäft eher per Zufall. Beim Umgraben eines Stück Lands auf seiner Finca stieß Roselló senior vor Jahren auf die dunklen Knollen. Er brachte sie flugs zu dem ehemaligen Apotheker, Pilzexperten und Buchautor („Els bolets de ses Balears") Josep Siquier, der feststellte, dass es sich tatsächlich um Trüffel handelte. Dies animierte Roselló weiterzusuchen, und zwar mit tierischer Unterstützung: Er schaffte sich einen Trüffel­suchhund an. „Das Tier war ein Champion und entsprechend teuer", erzählt er. „Deshalb haben wir später mit unserem ersten Leithund andere Hunde selbst trainiert."

Heute sind es etwa 16 Hunde, die von klein auf mit Trüffel-Stückchen im Futter an den Geschmack gewöhnt werden, bevor sie mit raus dürfen und von den schon geschulten Hunden lernen. Ebenso wie die Schweine, bei denen man schnell sein muss, um die gefundenen Trüffel zu retten, damit sie nicht im Magen des Borstentiers enden, sind auch die Hunde Feinschmecker und verzehren ihr Beutestück nur allzu gerne. „Wir geben ihnen dann Wurst als Ersatz, damit sie nicht frustriert sind, wenn wir ihnen die Trüffel wieder abluchsen", erklärt Roselló. „Speziell am Anfang einer Tour geht es manchmal extrem schnell, da sollte man die Tiere ständig beobachten. Wenn man abgelenkt ist, fressen die Hunde die Trüffel auf."

Auch der Drogerieketten-Gründer Erwin Müller versuchte vor vielen Jahren mal sein Glück als Trüffelsucher - der deutsche Unternehmer wollte damals auf seiner Mallorca-Finca dem Zufall ein Schnippchen schlagen und eine sogenannte truffière (Trüffelhain) anlegen. Er pflanzte auf seinem Grundstück Eichen und Haselnusssträucher, deren Wurzeln Trüffel mit Vorliebe als „Wirtspflanzen" nutzen. Müllers Verwalter und Roselló waren Bekannte, der Kontakt war schnell hergestellt. Und so holte Müller den Trüffelkenner aus Inca samt seiner Hunde auf die Finca, um die Kostbarkeiten aufzuspüren. Doch vergebens: „Zum einen waren es die falschen Bäume, und zum anderen wollte er die kostbarsten Trüffel - die weißen. Doch die wachsen tatsächlich nur bei Kälte. Und minus 15 Grad haben wir auf Mallorca nun mal nicht", so Roselló.

Als er den Finca-Verwalter fragte, ob es auf dem Grundstück auch Steineichen gäbe, verneinte dieser, fügte aber hinzu, dass ein paar davon auf der Finca seiner Mutter stünden. Kaum waren die Hunde ein paar ­Minuten auf dem dortigen Grundstück, hatten sie den ersten Trüffel aufgespürt - aber nur unter einem Baum. „In der Natur können zehn identische Bäume stehen, aber nur bei einem findet man Trüffel." Seitdem schaut Roselló einmal im Jahr dort vorbei und findet für die Dame ein paar Knollen. Die Müllers hingegen befriedigen ihre Trüffel-Leidenschaft, indem sie die Knollen bei den Rosellós kaufen ...

Neben der Suche in freier Wildbahn - die Stellen verrät Roselló natürlich nicht - hat der clevere Geschäftsmann einen Teil seiner eigenen Finca mit speziellen Bäumen bepflanzt, deren Wurzeln sehr breit und schnell wachsen, sodass das Wurzelwerk sich miteinander verknüpft und die Pilzsporen auf alle Bäume übergreifen. „So kann man Natur und Zufall ein wenig nachhelfen", sagt er. Bislang verkaufen die Rosellós an Restaurants wie Tristán („Dort heißt es, meine Trüffel wären schmackhafter als alle anderen"), Ritzi oder Andreu Genestra.

Mittlerweile sind die beiden ­Trüffel-Experten fast so gut im Finden wie ihre Hunde, und die Trüffel­liebe hat sich sogar weitervererbt: Der kleine zweijährige Enkel isst Trüffel so wie andere Kinder Schokolade. „Er verzehrt so schon mal 100 Euro und mehr, aber es ist doch mein Enkel. Der darf das - und wir haben ja genug."