Für einen Koch ist es manchmal schwierig zu verstehen und zu erklären, wie Geschmack funktioniert. Ich meine, ist das eine körperliche oder geistige Sache? Ist er durch physikalische Gesetze definiert oder rein persönlich? Wie lernen wir, einen Geschmack zu mögen? Und kann man lernen, einen Geschmack nicht zu mögen? Ab welchem Punkt in der Kindheit wird der Geschmack von Gorgonzola plötzlich verlockender als der von süßem Apfelkuchen?

Was wir wissen ist, dass Geschmack normalerweise als die Empfindung beschrieben wird, die entsteht, wenn Nahrung mit den Geschmacksknospen auf der Zunge in Kontakt kommt. Dabei werden vier Grundgeschmäcker von verschiedenen Gruppen der kleinen Sinneszellen auf der Zunge entdeckt und identifiziert: süß, salzig, sauer und bitter. Eine andere Empfindung, die sich umami nennt, lässt sich mit herzhaft oder intensiv umschreiben und stammt aus Japan: ein Geschmack, der von einem in einigen Pilzen, Algen und anderen Nahrungsmitteln natürlich vorkommenden Natriumglutamat herrührt.

Das Problem für uns Köche ist, dass Geschmack letztlich etwas sehr Persönliches ist. Ein Gericht, das der eine als sehr salzig empfindet, kann dem anderen fade und geschmacklos vorkommen, und es scheint auch, dass die Art wie wir Geschmäcker wahrnehmen, stark von unserer Umgebung abhängt.

Vor ein paar Jahren entwickelte ich ein paar Gerichte für die Lufthansa, die Gästen der First und Business Class auf Flügen von Deutschland zu fast 200 Zielen weltweit serviert wurden. Ich war sehr erfreut, mit Lufthansa zusammenzuarbeiten, deren Bordessen außerordentlich sind und schon von einigen der besten Köche der Welt kreiert wurden. Seit dem Beginn des „Airline award winning"-Programms im Jahr 2000 wurden die Bordessen schon von kulinarischen Koryphäen wie Thomas Keller (New York, Napa Valley, CA), Paul Bocuse (Paris, Lyon), Daniel Boloud (New York) und Dieter Muller (Köln) gestaltet - ich hatte also in große Fußstapfen zu treten.

Für mich ist das Schlimmste am Fliegen gewöhnlich das Essen. Mir wurde auf Langstreckenflügen schon Essen serviert, das wie Baby­kacke roch und auch so aussah. Letztlich haben die meisten Airlines noch nicht herausgefunden, wie sie ihren Kunden ein einigermaßen anständiges Geschmacks­erlebnis bieten können. Eigentlich kann es doch nicht so schwierig sein, es geht doch nur um aufgewärmtes Essen, oder? Mann, da lag ich aber falsch!

Das Erste, was ich lernen und verstehen musste, ist, dass Essen in großer Höhe ganz anders schmeckt. Auch wenn in Flugzeugen der Luftdruck ausgeglichen wird: Unser Körper verändert sich in der Luft, um sich dem veränderten Druck der Atmosphäre anzupassen - und das gilt auch für unsere Geschmacksnerven.

Studien, die in Deutschland vom Frauenhofer Institut für Bauphysik in Auftrag gegeben wurden, haben gezeigt, dass unser Geschmackssinn um 30 Prozent abnimmt, wenn wir uns in größerer Höhe befinden. Es ist also nicht das Essen selbst, das an Geschmack verliert, sondern der menschliche Körper, der auf die Höhe reagiert. Einer der Gründe für die Geschmacklosigkeit ist die Einschränkung unseres Geruchssinns: Aufgrund der von Klimaanlagen gefilterten Luft im Flugzeug trocknen unsere Nasenschleimhäute aus, was unseren Geruchssinn beeinträchtigt. Und da das Schmecken zu 80 Prozent von unserem Geruchssinn abhängt, leuchtet es ein, dass das Essen im Flugzeug weniger verlockend ist.

Aber dank des Frauenhofer Instituts ist es Lufthansa gelungen, herauszufinden, wie man Saucen und Gerichte nach der neuesten Wissenschaft am besten miteinander verbindet. Und British Airways beschäftigt sich damit, wie wichtig andere Faktoren wie Farbe, Geräusche, Licht und Hintergrundmusik für uns sind, wenn wir im Flugzeug essen.

Ehrlich gesagt ist es immer noch unmöglich, Gerichte in guter Restaurantqualität im Flugzeug zu servieren. Ich könnte natürlich auch nicht auf jedem Flug dabei sein, um das Servieren zu überwachen und Aufhebens um jedes kleine Detail zu machen. Die Flugzeug-Gerichte werden in riesigen Großküchen hergestellt, aus denen täglich tausende Mahlzeiten rausgehen. Man müsste jedes Rezept anpassen, damit wir unser Ziel, leckere und gesunde Gerichte in der Luft zu servieren, erreichen könnten. Ich habe viel gelernt, und nachdem ich ein paar Tage in Deutschland diese unglaubliche Arbeit und den Aufwand verfolgt habe, der hinter dem Flugzeug­essen steckt, werde ich mich nie wieder beschweren.

Ein Lebensmittel, das man auf gar keinen Fall in der Luft servieren kann, sind übrigens frische Muscheln. Doch sie sind so günstig, im Überfluss vorhanden, reich im Geschmack und in ein paar Minuten zu einem leckeren Gericht verarbeitet, dass wir dafür gerne am Boden bleiben.

Das Rezept: Cremige Estragon-Muscheln mit Cherry-Tomaten