In seinem im Jahr 2000 erschienen Bestseller „Kitchen Confidential" (auf Deutsch „Geständnisse eines Küchen­chefs: Was Sie über Restaurants nie wissen wollten") macht Anthony Bourdain im Namen einer „Gourmet-Elite" die Freunde der fleischlosen Ernährung runter. „Vegetarier und ihre Hisbollah-artige Splittergruppe, die Veganer, sind ein anhaltendes Reizthema für jeden Koch, der auch nur einen Schuss Pulver wert ist. Für mich ist ein Leben ohne Kalbsfond, Schweinefett, Würste, Innereien, Demi-glace (Kraftsauce) oder Stinkekäse nicht lebenswert. Vegetarier sind die Feinde von allem Guten und Anständigen des menschlichen Geistes und ein Affront gegen alles, für das ich einstehe: den puren Genuss von gutem Essen."

Zum Glück hat sich in den vergangenen vierzehn Jahren viel geändert. Heute preisen alle angesagten neuen Köche (und auch die meisten der bekannten älteren) lokale, saisonale und nachhaltige Produkte. Doch sie mögen zwar ihre Freundschaft mit den örtlichen Biobauern stolz zur Schau stellen, eins hat sich ganz sicher nicht geändert: Die meisten Restaurants (meines mit eingeschlossen) kümmern sich immer noch nicht so um Vegetarier, wie es der Fall sein sollte. Köche sollten langsam respektieren, dass manche Menschen sich für eine vegetarische oder vegane Ernährung entschieden haben.

Andererseits bin ich überzeugt, dass Vegetarier nie eine so große Auswahl zur Verfügung hatten wie heute. Die Zeiten, in denen sie nur zwischen Käseomelett und gemischtem Salat wählen konnten, sind vorbei. Heute gibt es eine Vielzahl spannender Gemüsegerichte, die deutlich machen, dass man auch ohne Fleisch oder Fisch weder geschmacklich noch in Bezug auf die Konsistenz Kompromisse eingehen muss.

Ich glaube, dass die meisten Leute Panik bekommen, wenn sie für Vegetarier kochen sollen und es ihnen schwer fällt, sich etwas anderes als das gute alte „Fleisch plus zwei Gemüsebeilagen" zu überlegen. Versuchen Sie möglichst, überambitionierte vegetarische Gerichte zu vermeiden. Es muss wirklich kein Nuss-Braten oder Veggie-Burger sein, um etwas Anständiges auf den Tisch zu bringen, und die meisten Vegetarier haben davon vielleicht ohnehin schon die Nase voll. Für mich geht es bei vegetarischen Gerichten vor allem darum, die Vielzahl an Aromen - etwas Scharfes, etwas Süßes und etwas Saures - und die verschiedenen Konsistenzen zu genießen, indem man die frischesten und verführerischsten Zutaten verwendet, die der Markt zu bieten hat.

Sie können ganz alltägliche Lebensmittel aufwerten, indem Sie eine Handvoll frischer Kräuter oder ein paar Gewürze verwenden. Versuchen Sie mal Wurzelgemüse mit ein wenig Honig, Kreuzkümmel und Flor de Sal zu rösten oder Kürbis mit Curry zu würzen. Getreide und Zerealien wie Bulgur, Graupen und Amaranth sind ebenfalls eine gute vegetarische Alternative. Probieren Sie doch mal Couscous mit eingelegten Zitronen und Harissa, gegrillte Auberginen oder gebackene Polenta mit Spargel und einer Vinaigrette aus getrockneten Tomaten und Kapern. Eine weitere ungewöhnliche Zutat, die es sich lohnt auszuprobieren, ist Quinoa, das Getreide der Inka. Es wird im Hochland der Anden seit über 7.000 Jahren angebaut, ist auf dem internationalen Markt aber relativ neu. Das Wort kommt aus dem Quechua, der Inka-Sprache, die noch heute in Peru, ­Ecuador und Bolivien gesprochen wird. Das Getreide hat einen nussigen Geschmack und eine knusprige Konsistenz und lässt sich gut kombinieren.

Auch in der spanischen Küche gibt es ein paar sehr interessante und leckere Gemüse-Gerichte, die Sie mal ausprobieren sollten. Meine Lieblinge sind escalivada, ein einfaches, ländliches Gericht, das aus gerösteten oder auf Holzkohle gegrillten Paprikaschoten, Zwiebeln und Auberginen mit Olivenöl besteht, und pisto, eine Art spanisches Ratatouille, das mit Oregano gewürzt wird. Auf Mallorca ist tumbet eine gute vegetarische Option: Kartoffeln, Auberginen und Zucchini werden leicht in Olivenöl angebraten und dann mit frischer Tomatensoße in eine tönerne Form geschichtet und im Ofen überbacken. Auch eine vegetarische Paella mit Safran und ein wenig Knoblauch schmeckt wunderbar, man kann jedes nur erdenkliche Gemüse hineingeben, je nachdem, was gerade Saison hat. Das Wichtigste ist, dass man eine gute Gemüse­brühe verwendet, um dem Ganzen einen gehaltvollen und intensiven Geschmack zu verleihen.

Das Rezept: Tomaten-Oregano-Oliven-Tarte