Sie wird bei Hautkrankheiten eingesetzt, reinigt das Blut, hilft dank hohem Vitamin C-Anteil bei Husten, sie wirkt entzündungshemmend, kann Arteriosklerose vorbeugen, den Magen und sogar die Manneskraft stärken - die Schlehe, auf Spanisch endrino, in Nord­spanien arañón genannt, ist ein echter Alleskönner. Keine Sorge, Sie sind nicht auf der Gesundheitsseite gelandet. Aber es ist doch beruhigend, wenn man weiß, dass die Hauptzutat eines alkoholischen Getränks eigentlich gesund ist.

Die Rede ist von Pacharán - auch Patxaran geschrieben -, einem Klassiker der spanischen Trink­kultur: Leicht süß, rötlich und mit einem Alkoholgehalt von 25 bis 30 Prozent. Auf Mallorca ist dieser vorzugsweise auf Eis als Digestif servierte Likör weniger bekannt, wird aber in einigen gut sortierten Bars und Restaurants angeboten.

Auf dem Festland jedoch gehört er ins Sortiment jeder guten Bar, speziell im Baskenland, in Aragonien und der Region Navarra. Dort hat das Getränk seine Wurzeln, was sich auch daran zeigt, dass es eine D.O. Pacharán Navarro (Denominación de Origen del Pacharán) gibt, also eine offizielle Kontrollbehörde, die über Wohl und Inhalt der Liköre - in Deutschland würde man „Aufgesetzter" dazu sagen - wacht.

Und wie auf Menorca die Pomada (Gin mit Zitronenlimonade) die Festlichkeiten zu Sant Joan im Juni begleitet, so wird traditionell auch der Pacharán anlässlich eines besonderen Festes exzessiv getrunken: den Sanfermines im Juli. Dann finden in Pamplona nicht nur die berühmten Stierkämpfe statt (über die schon der Schriftsteller Ernest Hemingway schrieb), sondern auch die Encierros: Dabei laufen die Stiere durch die Straßen der Stadt Richtung Stierkampfarena und werden dabei johlend und tobend von einer „pacharanisierten" Menschenmenge begleitet. Auch wenn Liköre sonst eher Frauen­sache sind, so ist der Pacharán doch eben wegen jener Assoziation mit dem „männlichen" Stierlauf bei Männern ebenfalls beliebt.

Getrunken hat den Likör - gemäß den ältesten Aufzeichnungen - schon die adlige Hochzeits­gesellschaft von Gonofre von Navarra und Teresa von Arellano im Jahr 1415. Beliebt war er in Folge allerdings weniger beim Adel denn bei der Landbevölkerung, die sich ihren Pacharán stets selber aufsetzte - und dies bis heute tut. Nichtsdestotrotz startete vor gut 60 Jahren verstärkt auch die kommerzielle Fertigung und Vermarktung. Anfangs nutzte man die wild wachsenden Schlehen. Als aber die Nachfrage stieg und der Likör sich in ganz Spanien etablierte, griff man zunächst auf Schlehen-Importe zurück und legte schließlich eigene Plantagen an.

1988 wurde dann die D.O.-Kontrollbehörde gegründet. Pacharán-Marken, die das Gütesiegel tragen dürfen, verwenden 125 bis 250 Gramm Schlehen pro Liter Likör, was deutlich mehr ist als die gebräuchliche Zusammensetzung mit 62 Gramm Schlehen-Anteil. Außerdem sind Farbstoffe oder künstliche Aromen verboten. Der Pacharán muss mindestens einen und maximal acht Monate ziehen. Manche Firmen lassen ihren Likör in Walnussholz-Fässern reifen, was dem Geschmack eine delikate Bitterschokoladen-Note beifügt.

Ein Gläschen Pacharán ist der perfekte Abschluss eines Essens, aber man kann ihn eigentlich auch unabhängig davon genießen. Speziell zu den Sanfermines trinken ihn viele aufgefüllt mit Sekt. Butano wiederum nennt man die Mischung mit Orangensaft, weil der Drink dann der orangen Farbe der Butangasflaschen ähnelt, und vaca rosa (rosa Kuh) bezeichnet die eher schräge Mischung mit Milch.

„Mit dem Pacharán ist es wie mit anderen Traditionsgetränken wie Palo oder Vermut - er war zwar immer da, aber er wird derzeit auch wiederentdeckt, gerade von den jüngeren Gästen. Nicht zuletzt, weil er in modernen Kombinationen angeboten wird", erzählt Rafa Martín, Mallorcas bekanntester Barmann („Brassclub", MZ berichtete). Auch bei Martín kommt der Pacharán entweder pur auf Eis oder als Mixgetränk auf die Tische. Passend zum immer noch aktuellen Gin-Hype gibt´s bei ihm auch einen Gin Fizz mit Schlehen-Gin, bei dem anstelle von Wacholderbeeren Schlehen verwendet wurden.

Der Likör ist übrigens auch in der Küche vielfältig einsetzbar. Es gibt Schlehenmarmelade, Schlehen-Geleebonbons, man kann Datteln oder Kastanien darin einlegen, Bratäpfel damit beträufeln und nicht zuletzt Saucen verfeinern.

Bezugsquellen:In Palma unter anderem bei Isla Catavinos (Basarana Etiqueta negra, prämiert als bester Pacharan 2011 für 11,80 Euro/Liter) und bei Vinoteca (San Cernin, 14 Euro). Die Marken Zoco und Baines sind auch in gut sortierten Supermärkten der Insel erhältlich.

Das Rezept: So setzen Sie Pacharán zu Hause an