Wie ein Wirbelwind dreht sich Sara Baras um die eigene Achse, lässt ihr weites grünes Kleid wie einen Propeller um sich herum rotieren. In schnellem Stakkato knallen ihre Absätze auf den Bühnenboden und treiben den von der Gitarre begleiteten Rhythmus der Musik voran. Es ist ein atemberaubendes Spektakel, das die 46-Jährige im Licht des Scheinwerfers da präsentiert.

Am 28. und 29.7. tritt Baras mit ihrem Spektakel „Voces" im Auditorium in Palma auf. Es ist eine Hommage an die großen Künstler des Flamenco, die sie inspiriert haben, an Paco de Lucía, Enrique Morente, Carmen Amaya, Antonio Gades, Moraíto Chico und Camarón de la Isla."Immer mehr Musikerin als Tänzerin"

Sie habe schon als kleines Mädchen immer mit den Füßen gezappelt, sagt Sara Baras im Dokumentarfilm „Todas las voces", der von ihr und ihrer Kunst handelt. Baras ist eine der bekanntesten Flamencotänzerinnen Spaniens. Dabei sagt sie: „Ich habe mich immer mehr als Musikerin denn als Tänzerin gesehen."

Jedes neue Stück sei trotz all der vergangenen Erfolge eine Herausforderung. „Die Angst ist immer da", sagte sie vergangene Woche der MZ-Schwesterzeitung „Diario de Mallorca". „Es gibt immer dieses Gefühl: Ich weiß nicht, ob ihr mich verstehen werdet, aber ich muss

es erzählen."

Sara Baras wurde 1971 in der Provinz Cádiz geboren. Sie stammt aus einer Musikerfamilie, zu tanzen lernte sie von ihrer Mutter Concha Baras, die eine Tanzschule leitete. 1998 gründete sie ihre eigene Kompagnie, mit der sie bis heute 13 Stücke auf die Bühne gebracht hat. 2003 gewann sie den Nationalen Spanischen Tanzpreis, viele weitere Auszeichnungen sollten folgen.

Das aktuelle Stück „Voces" ist bereits im Jahr 2015 entwickelt worden. Auslöser sei der Tod von Paco de Lucía im Jahr zuvor gewesen. „Wir waren sehr enge Freunde. Mit 'Voces' wollte ich ihm für alles danken, was er uns gegeben hat." Dennoch beschränke sie sich in der Inszenierung nicht darauf, nur über die Kunst der anderen zu reflektieren. „Dieses Stück hat mir geholfen, ehrlich zu mir selbst zu sein.

Mit 'Voces' möchte ich dem Zuschauer­ meine Stimme vermitteln, eine Stimme, die durch meine Lehrmeister erklärt wird."

„Wie ein Presslufthammer"

Während die spanische Presse „Voces" überschwänglich feierte, gaben sich die internationalen Kritiker deutlich verhaltener. So wird die technische Präzision der Tänzerin gelobt, Choreografie und Inszenierung kommen deutlich schlechter weg. „Der Höhepunkt jeder Nummer ist, wenn ihre wie ein Presslufthammer eindreschenden Absätze sie wie eine Lokomotive vorantreiben", schreibt die „New York Times", die „Voces" als „Spektakel einer Diva" bezeichnet. „Aber dieses Spektakel überdeckt nur eine blank geputzte Leere." Auch das Bühnenbild sei altbacken und langweilig, ergänzte die britische Zeitung „The Guardian".

Auf den Erfolg haben die Kritiken wenig Einfluss gehabt. ­„Voces" wurde gerade 18 Wochen am Teatro Nuevo Apolo in Madrid aufgeführt. Insgesamt kamen über 65.000 Zuschauer zu den über hundert Vorstellungen. Und auch die Zukunft des Flamencos sieht Baras optimistisch. „Es stimmt, dass wir jetzt eine Generation an großen Künstlern verloren haben", sagte sie dem „Diario de Mallorca". „Aber wir haben dennoch immer noch viele gute junge Künstler. Was fehlt, ist ein wenig die Erfahrung des Leidens, weil unsere Kunst im Gegensatz zu früher heute respektiert wird." Dem Flamenco seien ein wenig die Straße und die tablaos, die typischen Lokale, abhanden gekommen. „Heutzutage ist der Flamenco viel zu akademisch", sagt Baras. „Im Grunde geht es uns wie dem Jazz."

Sara Baras, Voces, Auditorium Palma, 28./29.7., je 21.30 Uhr, Karten 45?60 Euro unter Auditorium Palmaauditoriumpalma.com