Es sei mittlerweile sein drittes Leben, sagt der US-Musiker Xavier Dphrepauleez häufig in Interviews. Der 49-Jährige ist seit zwei Jahren als Fantastic Negrito bekannt. „Black roots for everyone" nennt er seine Musik. Eine Mischung aus Blues und Soul ohne viel Schnickschnack. Am Donnerstag (20.7.) tritt er damit im Claustre de Santo Domingo in Pollença auf.

Vielleicht ist er etwas alt für einen Shootingstar. Aber manchmal braucht es ein wenig Erfahrung, um die wirklich guten Geschichten erzählen zu können. Und davon hat Dphrepaulezz einige auf Lager. Er wurde als achtes von 14 Kindern in Massachusetts geboren. Sein Vater war streng religiös. Es habe viele Regeln gegeben, erzählt der Musiker in Interviews. Als er zwölf Jahre alt ist, zieht die Familie nach Oakland in Kalifornien. Es ist das genaue Gegenteil der behüteten Welt Neu-Englands.

Dphrepaulezz kommt in eine Stadt voller Drogen, Gangs und Gewalt. Musikalisch sind Hip-Hop und Thrash Metal gerade im Kommen. Aber der junge Xavier weiß da noch nicht, dass er Musiker werden will. Stattdessen vertickt er Crack.

Erst als er 18 ist, beschließt er, verschiedene Instrumente zu lernen, nachdem er gelesen hat, dass Prince sich selbst das Spielen beigebracht hat. Er lässt sich Koteletten stehen und schleicht sich in die Universität Berkeley rein, wo er sich in den Musiksälen die Übungen der Studenten abschaut. Er fängt an, Songs zu schreiben. Mit Erfolg: Anfang der 90er bekommt er einen millionenschweren Plattenvertrag mit Interscope. Als Xavier veröffentlicht er 1995 das Album „The X Factor".

Diese Zeit sei der kreative Tod gewesen, sagt Dphrepaulezz heute. Die „Rettung", wie er es nennt, kommt in Form eines Autounfalls 1999. Dphrepaulezz landet im Koma. Seine rechte Hand ist zertrümmert. Ein Jahr lang muss er in die Reha. Interscope löst den Vertrag auf. Das erste Leben war vorbei.

In Zeiten von Youtube und Spotify lässt sich die Karriere eines Künstlers gut nachverfolgen. So kann man sich immer noch den seichten R´n´B von Xavier anhören, wie auch die Musik seiner späteren Bands. Den Punk von Blood Sugar X, den Funk von Chocolate Butterfly oder von Me And This Japanese Guy.

Ende der 2000er-Jahre hört Dphrepaulezz fünf Jahre mit der Musik auf. Er zieht von Los Angeles, wo er als Musiker lebte, zurück nach Oakland, gründet eine Familie und wird Landwirt. Er baut hauptsächlich Marihuana für medizinische Zwecke an. Nebenbei gründet er das Künstlerkollektiv Blackball Universe und eine Kunstgalerie.

Eines Tages will sein Sohn nicht aufhören zu quengeln. Dphrepaulezz holt, weil alle anderen Mittel versagen, die einzige Gitarre hervor, die er noch hat, und spielt einen Akkord, G-Dur, um genau zu sein. Sein Sohn verstummt. Und so macht Dphrepaulezz wieder Musik.

Erst spielt er dem Kind jeden Abend „Across the Universe" von den Beatles vor. Und dann schreibt er wieder Songs. Es beginnt sein drittes Leben mit Songs, die vom Leben handeln und der Ungerechtigkeit der Gesellschaft. Fantastic Negrito nennt er sich, weil er damit großen Blueskünstlern wie Robert Johnson und Leadbelly ein Denkmal setzen will: „eine Würdigung der schwarzen Kultur und dieser schwarzen Genies".

2015 reicht er seinen Song „Lost in a Crowd" beim Songwettbewerb „Tiny Desk" des öffentlichen Radiosenders NPR ein. Der in einem alten Fahrstuhl aufgenommene Song setzt sich unter 7.000 Einreichungen durch. Vergangenes Jahr erscheint das von der Kritik hochgelobte Album „The Last Days of Oakland", für das er 2017 den Grammy für das beste Blues-Album bekommt. Bereits ein Jahr zuvor war sein Song „An Honest Man" zum Titelsong der Amazon-Serie „Hand of God" auserkoren worden.

Früher habe er den Blues nicht wirklich verstanden, sagt Dphrepauleez. „Aber jetzt habe ich gelebt. Ich bin gescheitert. Habe einen Bruder beerdigt. Ich habe es nun kapiert. Jetzt ist die Verbindung zur Musik da."

Fantastic Negrito, Claustre Santo Domingo Pollença, 20.7., 21.30 Uhr, Karten: 20 Euro, unter www.fonart.com