Zeitgenössischer Tanz ist langsam keine Kunst mehr für Minderheiten. Das zeigt und forciert seit 19 Jahren das internationale Tanzfestival Palma amb la Dansa. Dieses Jahr zeigt sich mehr denn je der Anspruch der Stadt, Berührungsängste abzubauen, neues Publikum anzusprechen und den Zuschauern mehr Raum zum Mitmachen zu geben. „Fluent“, der neue Name des Festivals, ist also programmatisch zu deuten. Kein Zweifel: Das Festival gewinnt an Bedeutung und Profil.

Das Programm bietet zwischen dem 18. und dem 30. April 19 Veranstaltungen, die nicht immer von Profis ausgerichtet und nicht immer auf einer Theaterbühne gezeigt werden (siehe Kasten). 13 Vorstellungen werden von professionellen Darstellern bestritten. 112 Kompagnien hatten sich bei der öffentlichen Ausschreibung zur Teilnahme am Festival beworben. Der Rest des Programms zeigt unter dem Begriff „Palma es mou“ (Palma bewegt sich), was sich in Tanzschulen der Stadt abspielt.Intensive Körpersprache

Die Gestaltung lag viele Jahre in Händen der Tänzerin Catalina Carrasco. Dieses Jahr nimmt sie mit ihrer Kompagnie Baal selbst teil. „Crotch“ heißt das Stück, bei dem es mit intensiver Körpersprache und starken Bildern um sexuelle Identität und individuelle Freiheit geht. Auf der Bühne stehen neben drei professionellen Tänzern auch Laien, die dem LGBT-Kollektiv angehören. „Crotch“ (Schritt, Unterleib) tourt seit vergangenem Herbst durch Spanien und wird nun auch in Palma zu sehen sein.

Ein weiteres Ensemble rund um den Choreografen Daniel Abreu gehört seit mehr als zehn Jahren zu Spaniens wichtigsten Vertretern zeitgenössischen Tanzes. 2014 wurde Abreu, der 1974 auf den Kanaren geboren wurde, aber in Madrid lebt, mit dem Nationalpreis für Choreografie geehrt. Mehr als 40 Stücke hat die Kompagnie im Repertoire, in Palma wird Abreu sein verstörendes Solo „Cabeza“ (Kopf) zeigen: Kaum Requisiten, reine Körperarbeit.

Eine Chance für Nachwuchsdarsteller

Auch die Katalanin Marta Carrasco gehört zu Spaniens besten zeitgenössischen Tänzern und Choreografen. Die 53-Jährige ist bereits viermal mit dem ­Theaterpreis Max und mit einem Nationalpreis für Tanz geehrt worden. Ihr Stück „Perra de nadie“ (Herrenlose Hündin) ist ein Solo mit visuellen Effekten und psychologischem Tiefgang.

Erstmals bekommen dieses Jahr auch Nachwuchsdarsteller die Chance zum Aufritt. Cintia de Luis und Aina Aulí, Finalistinnen des städtischen Förderpreises Art Jove zeigen „Inestables“ (27.4., 20.30 Uhr, Can Balaguer, gratis). Das Stück lotet die Untiefen menschlicher Beziehungen aus (zu den Requisiten gehört ein Holzkäfig).Und die jugendlichen Teilnehmer eines städtischen Workshops mit der erfahrenen Tänzerin Mariantònia Oliver zeigen auf der Plaça de l‘Olivar, was sie im Umgang mit ihrem Körper gelernt haben (Jocs coreogràfics, 28.4., 11 Uhr).

Mariantònia Oliver, Grande Dame der regionalen Tanzszene, ist auch mit zwei Stücken für Kinder dabei, dem Zirkus-Tanz-Stück „Volen Volen“ und dem clownesken Improvisations-Duett „Ratataplam“ (30.4., 18 Uhr): Letzteres wird auf der Plaça Miquel Maura gezeigt und wird dort sicherlich auch Passanten und Touristen fesseln.