Es ist diese heimelige Stimmung im ehrwürdigen Bauwerk mit seinem gotischen Innenhof hoch oben über der Stadt Palma, die im Juli und August wieder Klassikliebhaber auf Malloca zu den Freiluftkonzerten der Balearen-Sinfoniker ins Castell Bellver lockt. Auch für den musikalischen Leiter der Sinfoniker, Pablo Mielgo, sind die sieben Termine in diesem Sommer einer der Höhepunkte des musikalischen Jahres auf Mallorca. Den Madrilenen fasziniert die „Einheit von Architektur und Musik". Vor allem der „angenehme Klang", der sich bei den Konzerten im Castell Bellver ausbreitet, verzaubere ihn.

Dass Mielgos Gefühl kein Zufall ist, sondern die Akustik in der Burg aus dem 14. Jahrhundert tatsächlich besser als an vielen anderen Open-Air-Aufführungsorten, bestätigt ein ausgebildeter Tonmeister, der seinen Namen nicht in der Zeitung lesen möchte; nennen wir ihn José López. Das Castell eigne sich deshalb so hervorragend für Sinfonie­orchester und Kammerkonzerte, weil die Musiker sich hier gut selbst hören könnten. Die runde Architektur bewirke außerdem, dass das Ensemble die Werke in seinem natürlichen Tempo spielen könne. „Das hat vor allem mit der Dauer des Nachhalls zu tun, der mit etwa 1,4 Sekunden im Castell Bellver deutlich geringer ist als an vielen anderen Freiluftorten", erklärt der Fachmann. Anders ausgedrückt: Die Musiker müssen weder hetzen, noch künstlich verlangsamen, um ein harmonisches Klang­erlebnis zu erzeugen.

Für die Dirigenten, die ohnehin keinen Einfluss auf den Nachhall nehmen können, vereinfacht das die Arbeit. „Das Tempo gebe nicht ich vor, sondern der Ort, an dem das Konzert stattfindet", sagte einst der 1954 gestorbene deutsche Dirigent Wilhelm Furtwängler, der dem Thema ein ganzes Buch widmete. José López beschäftigt sich seit Längerem mit dem Klang in der Burg und ist regelmäßig für Ton- und CD-Aufnahmen sowohl mit spanischen als auch internationalen Musikern vor Ort. Selbst mit dem weltberühmten südafrikanischen Heldentenor Johan Botha habe er bereits im Castell gearbeitet. „Klagen über die Akustik kamen bisher nie, die Aufnahmen sind meiner Meinung nach wirklich gut geworden."

Der Grund, warum der Nachhall im Castell Bellver die für sinfonische Aufführungen optimale Dauer hat, liegt zu einem großen Teil am Baumaterial der Burg. Das Castell Bellver ist aus Marès-Stein erbaut, der direkt aus den Höhlen unterhalb der Burg sowie aus Steinbrüchen in der Bucht von Portals Vells und nahe Santanyí stammt. Die Eigenschaften dieses porösen Sandsteins führen dazu, dass der Ton im Nachhall „langsam stirbt", wie es López ausdrückt, und nicht abrupt verklingt. Der Stein saugt den Klang regelrecht auf, ohne ein Echo zu produzieren. „Wäre das Castell Bellver aus Beton erbaut, wäre der Klang viel härter, und es gäbe Echos." Auch die Zuhörer, die unterhalb der Rundbögen sitzen, würden aufgrund des Marès-Steins das gesamte Klangspektrum zu hören bekommen.

Für das Ensemble ändert sich bei der Vorbereitung auf die Freiluftsaison wenig, sagt Pablo Mielgo. Geübt werde nicht anders als für Konzerte im Auditorium. „Allerdings ist das Musizieren im Freien für die Musiker schon anspruchsvoller als in einem Innenraum." So könnten die Hitze und die hohe Luftfeuchtigkeit, die im Sommer auf der Insel herrschen, den Klang konditionieren. „Sowohl Streicher als auch Bläser müssen erheblich vorsichtiger dosieren, als wenn sie in einem Innenraum spielen würden."