Die ersten sechs Monate des neuen Jahres stehen in den großen Ausstellungshallen der Insel im Zeichen der Fotografie. Den Anfang macht die Österreicherin Renate Graf. Im Casal Solleric in Palma zeigt die Ehefrau des deutschen Künstlers Anselm Kiefer ab dem 16. Januar und bis zum 15. März die Ausstellung „Traces. Blicke auf flüchtige Spuren". Renate Graf war für die Schau vor allem in Italien unterwegs, wo sie sich auf vergängliche Motive konzentrierte. Auf verwitternde Skulpturen etwa oder herumfliegende Papierschnipsel bei einem Fest auf Sizilien.

Auch die Bilder der zweiten Foto-Schau des Jahres entstanden auf Reisen: Am 4. März beginnt im Caixa Forum eine für Insel-Verhältnisse geradezu bombastische Ausstellung mit 245 Schwarz-Weiß-Bildern des berühmten brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado. Sie heißt „Génesis", die Natur spielt die Hauptrolle. Auf 32 Reisen seit dem Jahr 2004 machte Salgado Fotos von Landschaften, Tieren und Menschen, auf den Galápagos-Inseln, in der ­Antarktis, im Kongo oder am Amazonas. Der Fotograf bezeichnete diese ausdrucksstarken Bilder als eine „visuelle Ode an das Majestätische und Zerbrechliche der Erde". Die von Salgados Frau Lelia kuratierte Schau endet am 24. Mai.

Einen Vorgeschmack auf die Ausstellung vermittelt bereits jetzt der Film „Das Salz der Erde", der im CineCiutat läuft. In dem sehr persönlichen Film würdigt Wim Wenders Sebastião Salgados Stil. International bekannt wurde der Brasilianer in den 80er Jahren mit seinen von dramatischer Schönheit durchdrungenen Fotos von Goldminen-Arbeitern in Brasiliens Serra Pelada.

Auf das Fotografische konzentriert - aber nicht nur - geht es ab dem 12. März ebenfalls im Museum für Moderne Kunst Es Baluard zu: 17 Künstler beschäftigen sich auf der Schau „La mer au milieu des terres - Mare Medi Terraneum" mit dem Mittelmeerraum, wobei sie ausdrücklich nicht nur auf Europa ein Augenmerk legen. Der Blick auf diese Brutstätte unterschiedlichster Kulturen und Religionen ist kritischer Natur und soll den Betrachter zum Reflektieren über die teils gar nicht postkartenwürdigen Zustände wie die alltäglichen Flüchtingsdramen oder Reminiszenzen aus hässlicher Vergangenheit anregen. Marcel Dinahet etwa zeigt ein Foto der zu Famagusta gehörenden nordzyprischen Geister-Touristenstadt Varosha, die 1974 während der Auseinandersetzung zwischen Türken im Norden und griechischen Zyprern im Süden von den Einwohnern verlassen wurde und seitdem leersteht (siehe oben). Die von der Französin Cécile Bourne-Farrell kuratierte Ausstellung, die am 30. August endet, wartet zudem unter anderem mit Fotos, aber auch Zeichnungen von Ali Cherri, Lara Fluxà, Chourouk Hriech, Bouchra Khalili, Yazan Khalili, Farah Khelil und Ange Leccia auf.

Wem nach Experimentellerem der Sinn steht, begebe sich bitte in die Lonja, die alte Seehandelsbörse von Palma: Dort findet schon ab dem 17. Januar eine Ausstellung der Galerie Kewenig namens „Sombras" (Schatten) des französischen Künstlers Christian Boltanski statt - mit passgenau für dieses historisch wichtige Gebäude entworfenen Installationen des 70-Jährigen, dessen Werk immer wieder um den Holocaust kreist.

Um figürliche Malerei geht es in einer weiteren Schau des Caixa Forums, das immerhin etwa zehn Bilder von El Greco (1541 - 1614) auf die Insel bringt. Die Werke stammen zum Teil aus dem Besitz des impressionistischen katalanischen Landschafts-Malers Santiago Rusiñol (1861-1931), der in dem zunächst auf Kreta lebenden und später in Spanien heimisch gewordenen Renaissance-Genie einen Vorfahren im Geiste sah. In den Genuss der Ausstellung „El Greco. La mirada de Rusiñol" kommt man etwas später im Jahr - vom 19. Juni bis zum 4. Oktober 2015.

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