Kremena Dilcheva wirkt so gar nicht burschikos mit ihren blonden Locken und dem mädchenhaft hübschen Gesicht. Trotzdem musste die Bulgarin ihre Karriere als Mezzosopranistin in sogenannten Hosenrollen beginnen. Weil ihre Stimmlage nicht so lieblich daherkommt wie Sopran, spielte sie zunächst fast ausschließlich Männer. Dilcheva, die zehn Jahre lang in Deutschland lebte und oft dort auftritt, kommt zum Abschlusskonzert des Festivals MúsicaMallorca am 8. November ins Teatre Principal in Palma, um beim Beethoven-Abend unter anderem die „Ode an die Freude" zu singen. Ihr Alter möchte Dilcheva, die in der Bahn irgendwo in den Alpen mit der MZ telefoniert, partout nicht verraten. „Schreiben Sie einfach ´junge Sängerin´", rät sie.

Sie singen nicht das erste Mal beim Festival MúsicaMallorca. Was gefällt Ihnen hier so gut?

Es ist immer ein großes Vergnügen, mit Wolf Bruemmel und Toyo Tanaka zu arbeiten. An Mallorca habe ich die schönsten Erinnerungen meiner Karriere. Deswegen komme ich gerne zu einem Freundschaftspreis auf die Insel.

Hier müssen Sie ja auch keine Hosenrolle interpretieren, sondern dürfen im schicken Abendkleid auftreten.

Was ein Glück, denn zu Beginn meiner Karriere habe ich immer nur Hosenrollen bekommen. Es ist zwar ganz reizvoll, mal die Rollen zu tauschen und in die Figur eines Mannes zu schlüpfen, aber irgendwann wollte ich dann doch mal etwas weiblichere Rollen spielen. Inzwischen klappt das besser. Carmen ist jetzt einer meiner absoluten Favoriten.

Sie haben unter anderem schon den Hänsel in Hänsel & Gretel gespielt. Was haben Sie da mit Ihren Locken gemacht?

Die konnte ich ganz gut unter einem Hut verstecken. Hänsel war meine allererste Hosenrolle. Ich war fast ein wenig verliebt in die Figur des Hänsel, weil ich so viel Zeit mit der Vorbereitung verbracht habe.

Geht Ihnen das heutzutage nicht mehr so?

Doch. Ehrlich gesagt, verliebe ich mich immer ein bisschen in die Charaktere, die ich gerade probe. Manchmal geht es langsamer, manchmal schneller. Aber man muss das lieben, was man macht. Sonst gelingt es nicht gut.

Sehen Sie sich eher als Sängerin oder als Schauspielerin?

Ich kann das gar nicht trennen. Ich muss alles, was ich singe, auch erleben.

Dabei sind Sie über das Klavier zur Musik gekommen€

Mit fünf Jahren habe ich angefangen, Klavier zu spielen und Ballett zu tanzen. Zehn Jahre lang habe ich klassisches Ballett gemacht und musste dann wählen. Da habe ich mich erst einmal für das Klavier entschieden. Da war ich zwar gut, aber kein Wunderkind. Und außerdem bin ich ein bisschen faul. Deshalb bin ich letztendlich beim Singen hängengeblieben.

Was hat das denn mit Faulheit zu tun?

Als Sängerin muss ich nicht wie am Klavier fünf, sechs Stunden am Stück üben. Die Stimme muss ja geschont werden. Außerdem kann man nicht zu früh am Morgen und nicht zu spät am Abend singen. Ich habe in Bergamo, wo ich zurzeit wohne, eine sehr lärmempfindliche Nachbarin. Als ich noch in München gelebt habe, hat meine Nachbarin immer das Fenster aufgemacht, um mich besser zu hören.

Sie haben immer wieder Engagements an der Mailänder Scala. Ist das Publikum dort fachkundiger als etwa in Deutschland?

Nein, auf keinen Fall. Das deutsche Publikum kennt sich oft besser aus als das italienische. Es ist ein sehr warmes Publikum. Vor allem die jungen Leute in Italien interessieren sich zunehmend nur noch für Formel 1 oder MotoGP. Die können eher mit Valentino Rossi als mit Mozart etwas anfangen.

Das Opern-Publikum in Mailand gilt als sehr konservativ und pfeift etwas gewagtere Inszenierungen auch mal gnadenlos aus. Ist Ihnen das schon passiert?

Mir nicht. Aber ich habe das schon gehört. Die Italiener sind sehr traditionell, wenn es um die Oper geht. Mir ist schon zu Ohren gekommen, dass diese Reaktionen des Publikums teilweise sogar erkauft werden. Da zahlt dann jemand einzelne Zuschauer, um den Intendanten oder einen Sänger unter Druck zu setzen. Andersherum werden auch Teile des Publikums für Bravo-Rufe bezahlt.

Generell steht es um die Oper in Italien ja nicht so toll. Es gibt die Scala, aber dann wird es auch schnell finster€

Ich würde noch das Teatro Massimo in Palermo erwähnen, das wirklich grandiose Aufführungen auf die Beine stellt. Da war ich angenehm überrascht. Dann gibt es noch Bergamo und Turin, aber damit ist es gut. Ich finde das jammerschade, denn die italienischen Opernhäuser sind herrliche Bauten. Gott sei Dank gibt es ja noch Deutschland.