Männer, die eine Karotte rauchen, Frauen mit unsichtbarem Körper und sprechenden Händen und viele andere unglaubliche Dinge gibt es ab Donnerstag (16.10.) in Vilafranca de Bonany zu sehen. Das Dorf bei Manacor stellt bis zum 19. Oktober im Rahmen der zwölften Fiet, der Fira de Teatre Infantil i Juvenil de les Balears, die Kunst von 30 Theatergruppen vor und zeigt dabei dem Publikum - darunter auch 50 geladene Programmdirektoren und Festivalleiter -, was man alles unter Kinder- und Jugendtheater verstehen kann.

Der Unterschied zum Erwachsenentheater sei fließend, sagt Veranstalter Jaume Gomila. „Wenn wir vom reinen Emotionstheater für die ganz Kleinen einmal absehen, hat gut gemachtes Kinder- und Jugendtheater immer verschiedene Ebenen, die Zuschauer jeden Alters befriedigen."

Gomila leitet die Fiet seit zwölf Jahren. „Ich will nicht sagen, dass wir Mallorcas Kinder- und Jugendtheater verbessert haben, wir haben aber auf jeden Fall für neuen Schwung gesorgt", sagt er am Telefon von seinem Wohnort Porto Cristo aus. Einem Zufallskontakt hat er die Gestaltung der Theatermesse zu verdanken, damals 2001, als das „kokette" Dorftheater frisch renoviert war (200 Plätze) und man dessen Bühne nun auch bespielen wollte. „Wir hatten damals eine halbprofessionelle Kompagnie und galten im Umkreis als Theaterleute", sagt Gomila lachend, „deshalb sollten wir das Festival aufziehen". Heute ist daraus der Kulturveranstalter La Xerxa, das Netz, geworden, der auch andere Events organisiert und sich grundsätzlich darum bemüht, das Kulturleben in Mallorcas Dörfern zu bereichern.

Vilafranca, auch als Mallorcas Melonendorf bekannt, ist stolz auf sein Theaterfestival. Nicht nur im Dorftheater, auch in der Mehrzweckhalle, im Pfarrhaus, auf dem Dorfplatz oder in einer Schule ist Theater zu sehen. Dieses Jahr kommen drei Gäste aus dem Ausland: Die Comagnie d´Akaypaya Danza aus Frankreich macht experimentellen Straßentanz mit asphalt­tauglichen Schuhen und akrobatischen Elementen. Drei Frauen zeigen auf der Plaça de Sant Joan, wie man ein Zufallstreffen auf einer Bank tänzerisch umsetzen kann.

Die walisische Truppe Cwmni Theatr Arad Goch zeigt interaktives Theater für Publikum ab zwei Jahren und in drei Sprachen: Walisisch, Englisch und Katalanisch. Bei dem Stück „Where the leaves blow" geht es um einen Mann und eine Frau, die in einem kleinen Zelt zusammen leben und sich alles teilen müssen. Zweisprachiges Theater bieten auch die Katalanen Animal Teatre mit ihrem Stück „Com gat i gos" (Like Cats and Dogs).

Aus Dänemark schließlich kommt die Gruppe Limfjordsteatret, die sich den spanischen Klassiker Don Quijote ausgesucht hat, um ihn an die Realität heutiger Kinder anzupassen. Der Held Ole erlebt, wie beim Lesen des Ritterromanes Don Quijote selbst aus den Seiten steigt und ihm mit einem Trichter auf dem Kopf zeigt, wie man mutig seinen Träumen nachjagt.

Unter den einheimischen Theater­gruppen ist zum Beispiel Ferreret Teatre, die zur Theater­fabrik De Ferro in Manacor gehört. Handpuppenspielerin Margalida Amengual erzählt anhand ihrer hölzernen Protagonistin „Mariam Cacau" die Geschichte einer Familie aus Ghana, die dank fairen Handels gut vom Kakao­anbau leben kann.

Die Mallorquinerinnen Irene Solar und Xisca Puigserver stellen sich als Centimets Teatre erstmals in der Szene vor, mit ihrer szenischen Erzählung des argentinischen Kinderbuches „Historias de Monstruos". Und die neue Gruppe Vilatukada hat sich auf originelle Weise eine Mischung aus Percussionmusik und Straßentheater erarbeitet. Ihre jungen Mitglieder werden am Freitagabend lautstark durch Vilafranca ziehen.

Vom spanischen Festland kommen so vielprämierte Kompagnien wie The Funamviolistas oder Vaivén Circo auf die Insel. In dem Stück „Do not disturb. No molestar" zeigen die Andalusier Vaivén Circo, wie vier Helden die Maschinen einer alten Fabrik so lange demontieren und rekonstruieren, bis sie zu absurden, beweglichen Monstern werden.

Und die mehrfach begabten Mitglieder der Gruppe Funamviolistas inszenieren ganz ohne Worte, dafür mit Geige, Bratsche und Cello sowie Tanz, Gestik und Mimik Alltagssituationen und Beziehunsgeflechte. Dafür heimsen die drei Künstlerinnen aus Südspanien landauf landab Preise ein.

Explizit für Jugendliche ist das Stück „Hamlet Party" von der mallorquinischen Gruppe Jardí Desolat gedacht. Shakespeares Klassiker wird darin im Ambiente einer Sommerparty aktualisiert, mit Musik, Drama und Alkohol.

Jaume Gomila, sichtlich stolz auf die neue Ausgabe, verweist auf die Unterschiede, mit denen Kindertheater in mediterranen oder nördlicheren Ländern gemacht wird. Die kulturelle Basis sei das ausschlaggebende Merkmal, sagt er, unabhängig von Technik oder Stil. „Den Mittel- oder Nord­europäern sind Konzept und die Idee wichtig, uns Unterhaltung und Dynamik."

Die Erfahrung zeigt ihm, dass bei ausländischen Programm­gestaltern vor allem mediterranes Tanztheater gut ankommt. So konnte die valencianische Truppe Maduixa nach einer der vergangenen Messen rund 300 Auftritte im Ausland absolvieren.

Fiet, Fira de Teatre Infantil i Juvenil, 16. bis 19. Oktober in Vilafranca de Bonany. Infos und Programm: www.saxerxa.org

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