Man muss schon Eindruck machen, um „in" zu bleiben. Wenn David Guetta sich seinem in der Regel mehr als zahlreichen Publikum vergegenwärtigt, dann wirkt das ein bisschen so, als hätte sich gerade der Messias persönlich vom Himmelszelt herunterbequemt. Auf einer über­dimensionalen Bühne bewegt der gern in betont unedel aussehenden Klamotten auftretende 46-jährige Star-DJ („Turn Me On"), der mit Sanges-Göttinnen wie Rihanna zusammenarbeitet, als wäre es das normalste der Welt, wild die Arme auf und ab. Ganz allein zuckt der Franzose und gestikuliert, seine Mähne wirbelt wild, neben, über und unter ihm flackert zu seinen oberschnittigen Electro-Dance- oder Electro-House-Klängen ein Lichtspektakel in fast allen Farben des Regenbogens, zuweilen wirbeln bunte Papierschnipsel durch die Luft, und ab und zu speien sogar Flammen aus der Erde.

Acht Stunden Sause

So ein bombastisches Guetta-Hochamt kann man sich - was für eine Gelegenheit! - am 2. August auch auf der Insel gönnen. Der in den vergangenen Jahren dank seines Privatjets weltweit auftrittstechnisch extrem umtriebige Ausnahme-DJ stellt im Rahmen einer Spanien-Tournee seine neue Single „Lovers On the Sun" vor. Nach Auftritten in Madrid, Bilbao und dem Jet-Set-Paradies Marbella - wo die Eintrittspreise geschlagene 30 Prozent höher sind - ist nun kommende Woche Mallorca an der Reihe.

Wobei die Balearen für Guetta eine besonderes Bedeutung haben, gehörte er doch früher, als er noch nicht einmal ansatzweise so bekannt war, zum Inventar der im legendären Ur-Pachá auf der Nachbarinsel Ibiza abgehaltenen „Fuck Me I´m Famous"-Partys. Das Spektakel auf Mallorca „wird acht Stunden bis in den frühen Morgen hinein dauern, vor dem für 1 Uhr vorgesehenen Guetta treten bekannte spanische DJs wie Nano, Carlos Gallardo und Ismael Sánchez auf", frohlockt Daniel Rodríguez vom Konzertveranstalter XLR-Music, der das wohl größte Musikereignis des Jahres auf der Insel auf dem Son-Fusteret-Gelände organisiert. Genau dort hatten im Sommer 2012 keine Geringeren als Gun´s n´ Roses mit dem unvergleichlichen Axl Rose ein Mammut-Konzert gegeben, das die Seelen mancher Hardrock-Fans noch heute in Wallung bringt.

„Raise your fucking hands"

Als unauffälliger Plattenaufleger in Pariser Dissen wird David Guetta in den End-80ern und 90ern noch nicht geahnt haben, dass er mal zu solch einer Lichtgestalt mutieren würde. Zu einer Person, die in relativ kurzen Abständen als Produzent millionenfach Alben wie „Poplife", „One More Love" oder „Nothing but the Beat" auf den Markt prügelt, die in der Regel weg wie warme Semmeln gehen. Zu einem Hipster, der routiniert alle möglichen Hebel und Knöpfe bedient und dabei dem zehntausendfach erscheinenden, meist sehr jungen, durchweg mit Smartphones bewehrten und teils bis zu den Zehenspitzen durchtätowierten Publikum mit weit aufgerissenem Mund Sätze wie diesen entgegenschleudert: „Raise your fucking hands."

Die finden das sichtlich cool und heben dann auch in der Regel folgsam die Arme, weil er nun einmal der Zampano ist. Der König. Der, der noch den 2009 mutmaßlich in den Himmel aufgestiegenen Michael Jackson kannte und Leute wie Madonna, Kylie Minogue oder Lady Gaga zu seinen guten Freunden zählt.

Auf den Boden der Realität wird Guetta lediglich von kritischen Journalisten heruntergeschrieben, was dem Großverdiener herzlich egal sein dürfte, wo er doch beispielsweise bei einer Silvesterfeier im Jahr 2011 in Rio de Janeiro nicht weniger als zwei Millionen Menschen unterhalten durfte. Die „Wiener Zeitung" konnte seine Karriere im Jahr 2012 angesichts eines Konzerts in der Stadt „schwer nachvollziehen". Seine Musik - es handelt sich um eigene Produktionen oder Durchmischtes und Durchkautes wohlbekannter Art - bezeichnete sie als „simple Fusion von europäischer Disco und amerikanischem R´n´B". Das „Hamburger Abendblatt" wunderte sich folgendermaßen: „Von kreativen Impulsen ist abseits des Licht- und Konfettiregens wenig zu merken", erinnere Guettas Musik doch „in Gänze an die tiefsten 90er-Jahre, an House und Techno vom umsatzorientierten Reißbrett". Eigentlich verhalte es sich so, dass „der Maestro nicht viel mehr tut, als am Anfang auf ´Play´ und später auf ´Stop´ zu drücken".

Doch den Leuten gefällt´s, und im wirklichen Leben soll David Guetta, wenn man sich so durch die Presse liest, gar nicht mal abgehoben sein. Tatsächlich wirkt der Vater eines Sohns und einer Tochter, der es immerhin bewerkstelligt hat, zwölf Jahre mit einer Frau zusammenzuleben, wie ein in die Jahre gekommener ehemaliger Mainstream-Student. Der Geschäftsmann Guetta erlaubt es sich indes nachvollziehbarerweise, seine momentane Popularität geschäftsmäßig bis zum Äußersten auszureizen.

Man weiß ja auch nie, wie lange man im schnelllebigen Musik-Business noch „in" bleibt.

Das musikalische Großereignis beginnt am 2. August auf dem Son-Fusteret-Gelände bei Palma um 21 Uhr. Besser mit der U-Bahn fahren, Parkplätze sind begrenzt. Eintritt ab 30 Euro (separater VIP-Bereich: 150 Euro). Tickets unter http://xlrmusic.­es

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