Tomeu Tortella ist nicht unbedingt das, was man sich unter einem eingefleischten Klassik-Experten vorzustellen hat. Tortella ist Generaldirektor der Gruppe Torre de ­Canyamel, zu der neben dem historischen Gemäuer auch mehrere Hotels und eine Viehzucht gehören. Nichtsdesto­trotz organisiert der Mallorquiner das Piano Festival im Turm und hat sich für seine Aufgabe einen Profi zu Hilfe geholt. Der junge mallorquinische Pianist Óscar Caravaca ist Tortellas Verbindung zur musikalischen Welt. „Er hilft mir vor allem bei der Auswahl der Musiker, weil er über viele internationale Kontakte verfügt", sagt Tortella der MZ.

Caravaca hat vor einigen Jahren die Insel verlassen und studiert inzwischen am Royal Conservatory im niederländischen Den Haag. Dort ist der Chopin-Experte gut vernetzt, was wiederum der Insel und dem musikalischen Niveau im Gemäuer aus dem 13. Jahrhundert zugute kommt. Das Festival findet in diesem Jahr zum dritten Mal statt. Tortella und Caravaca haben fünf Konzerte auf die Beine gestellt.

Los geht es am Freitag (27.6.) um 20 Uhr mit dem Pianisten Nikolai Tokarev. Der Russe wird Werke von Händel, Scarlatti, Cimarosa und Schumann spielen. Der „Star des Festivals", tritt laut Tortella am Samstag um die gleiche Zeit auf. Dann gastiert die russische Pianistin und Piano-Lehrerin Dina Parakhina in dem Gemäuer aus dem 13. Jahrhundert. Parakhina ist Lehrerin am Royal College in London und wird an den Vormittagen des Festivals sechs Schülern Master-Klassen erteilen. Am Sonntag spielt Poom Prommachart Werke von Mozart, Chopin und Scriabin. Am Montag steht dann das Konzert der Japanerin Jun Ishimura auf dem Programm mit Stücken von Chopin und Schostakowitsch. Den Abschluss des Festivals bildet am Dienstag die junge ukrainische Musikerin Dinara Klinton mit Werken von Liszt.

Das Festival ist gleichzeitig der Höhepunkt des Kulturjahres in Canyamel, das noch weitere Konzerte außerhalb der Piano-Reihe umfasst. Außerdem beherbergt der Turm in diesem Sommer die Gemälde- und Skulpturenausstellung des mallorquinischen Künstlers Miquel Mesquida, die am 19. Juli offiziell eröffnet wird. Tortella setzt bei den Zuhörern in der „hervorragenden Akustik des Turmes" vor allem auch auf die in dieser Ecke zahlreich vertretenen deutschen Residenten und Urlauber. „Wir haben festgestellt, dass das deutsche Publikum ein besonderes Interesse an Veranstaltungen mit klassischer Musik, vor allem mit Klavier, hat."

Der nächste Schritt könnte im kommenden Jahr sein, einen deutschen Künstler für das Festival zu verpflichten, um noch zielgerichteter auf die Deutschen zu reagieren. Zumindest ein bisschen deutsch geht es aber auch schon in diesem Jahr zu: Nikolai Tokarev, der das Auftaktkonzert bestreitet, lebt abwechselnd in Düsseldorf und Moskau. Er hat bereits auf zahlreichen Klassikfestivals in Deutschland gespielt und dort auch schon mehrfach Preise eingeheimst.

Wenn gerade mal nicht hochkarätige Pianisten in Canyamel spielen, bemühen sich die Organisatoren um Konzerte mit lokalen Künstlern. So gaben Mitte Juni Schüler der Musikschule Capdepera ein Kammerkonzert. Die Eintrittsgelder fließen übrigens stets einem guten Zweck zu. Diesmal wird unter anderem die Drogenhilfe Projecte Home unterstützt. Die meisten Musiker verzichten auf ihre Gage.

www.torredecanyamel.com

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